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Politik: Die große Klappe des „kleinen Nick“

Frankreich rümpft die Nase über den eitlen Innenminister

Das Stück, das derzeit in Paris gegeben wird, erinnert an beste französische Theatertradition. Molière hätte seine Freude daran, zuzusehen, wie ein tüchtiger Innenminister jeden Tag den eingebildeten Präsidenten gibt. Obwohl der Nachfolger von Jacques Chirac erst 2007 gewählt wird, unternimmt der zweite Mann in der französischen Regierung, Innenminister Nicolas Sarkozy, seit Wochen alle erdenklichen Manöver, um sich als der einzige geeignete Kandidat für den Elysée-Palast zu empfehlen.

Der „kleine Nick“, wie ihn das Boulevardblatt „Le Parisien“ in Anspielung an das populäre Kinderbuch nannte, hat große Pläne. Dabei sind ihm und seiner ebenso ehrgeizigen Gattin Cecilia alle Mittel recht. Die beiden basteln eifrig an einem Image à la Kennedy-Clan und scheuen sich nicht, selbst früheren Weggefährten aus den Reihen der Chirac-Partei UMP kräftig auf die Füße zu treten. Der rastlose 49-Jährige eilt von Interview zu Interview und von Termin zu Termin. Bei seiner jüngsten Auslandsreise ließ er sich nach China von Dutzenden von Journalisten begleiten.

Chirac schaute dem ehrgeizigen Spiel seines Zöglings bislang gelassen zu und überhörte sogar die selbstherrlichste Bemerkung seines Rivalen, der behauptete: „Chirac hasst mich nicht, schlimmer: Er fürchtet mich“. In der Öffentlichkeit allerdings kippt die Stimmung nach anfänglichem Amüsement und späterem Gespött allmählich in Richtung Empörung. Majestätsbeleidigung des vor zwei Jahren mit großer Zustimmung wiedergewählten Präsidenten Chirac – das geht den Franzosen dann doch zu weit. Die Boulevardzeitung „Le Parisien“ titelte schon: „Warum tut Sarkozy alles, um rauszufliegen?“

Immerhin kann der frühere Bürgermeister des neureichen Pariser Vororts Neuilly-sur-Seine als Einziger in der Regierung von Jean-Pierre Raffarin ausgezeichnete Ergebnisse vorweisen. Seit Sarkozys Amtsantritt ist die Kriminalitätsrate um knapp vier Prozent gesunken. Bei den von Sicherheitsängsten geplagten Franzosen kamen seine nächtlichen „Blitz-Aktionen“ in unruhigen Großstadt-Vororten gut an, bei denen er sich stets von etlichen Kamerateams „live“ begleiten lässt. Auch für seine Initiative, das umstrittene Kopftuch für muslimische Schülerinnen im Unterricht verbieten zu lassen, erntete er Beifall. Vor wenigen Tagen verkündete Sarkozy stolz, dass es unter seiner Führung gelungen sei, allein im vergangenen Jahr 233 Terrorismus-Verdächtige festzunehmen. Doch Sarkozy wird längst nicht mehr als „Super-Polizist“ wahrgenommen, sondern als machtbesessener Drahtzieher, unsympathisch, rücksichtslos, knallhart egoistisch. Mit diesem Image dürften seine Chancen auf das höchste Amt in Frankreich eher gering sein.

Sabine Heimgärtner[Paris]

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