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Gerhard Papke im Düsseldorfer (Nordrhein-Westfalen) Landtag.

© Federico Gambarini/dpa

Die Grünen und der Wald: „Realsatire in mehreren Akten“

Der FDP-Politiker Gerhard Papke über grüne Politik, „Klage-Netzwerke“ - und den Feldhamster. Ein Interview.

Herr Papke, was haben Sie bei der Posse um den Tesla-Wald gedacht?

Das ist ein Déjà vu Erlebnis, weil ich mich an die Auseinandersetzungen erinnert gefühlt habe, die es mit den Grünen im Industrieland Nordrhein-Westfalen schon seit den 90er-Jahren gab. Auch wenn die Grünen in den Talkshows der Republik heute gerne staatstragend und moderat auftreten. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Industriefeindlichkeit zur DNA der Grünen gehört, und dass die Grünen heute erleben, dass die Geister, die sie gerufen haben, nun aktiv sind und wir sie nicht wieder loswerden.

Was meinen Sie damit?

Naja, in Nordrhein-Westfalen war das eine Realsatire in mehreren Akten. Das System, das dahinter stand, war eine sehr wirksame politische Strategie der Grünen, den Protest von selbst ernannten Umweltschützern und Verbänden aufzugreifen, zu thematisieren. Von Verbänden, die dann wiederum bei der Regierungsbeteiligung der Grünen durch Steuermittel finanziert worden sind; mit Unterstützung der Grünen sind regelrechte Netzwerke entstanden, die sich allerdings dann später verselbstständigt haben.

Nennen Sie mal ein Beispiel.

Da war der grenzüberschreitende Gewerbepark Aachen-Heerlen im Grenzgebiet der Bundesrepublik und der Niederlande, ein sehr innovatives internationales Projekt, das über viele Jahre blockiert war, weil die der damaligen grünen Umweltministerin Bärbel Höhn unterstellte Landesanstalt für Ökologie behauptete, dass auf diesem Gebiet ein relevanter Bestand des Großen Feldhamsters zu Hause sein könnte.

Daraufhin sah sich die Europäische Kommission bemüßigt, der Bundesrepublik mit einem Verfahren wegen Verstoßes gegen europäisches Naturschutzrecht zu drohen, weil der Große Feldhamster auf der Liste der bedrohten Arten steht. Das führte dazu, dass dieses Gewerbegebiet sofort auf Eis gelegt wurde und nicht weitergebaut werden durfte.

Sie sprachen damals vom Phantomhamster.

Unter dem Einfluss der Grünen hat die damalige rot-grüne Landesregierung ein Programm „Feldhamster NRW“ beschlossen, um die Bedenken der EU-Kommission, die aber ja aus Nordrhein-Westfalen heraus genährt worden waren, zu entkräften. Um mit einem jährlichen Budget von 250.000 Euro den Großen Feldhamster in dieser Region zu unterstützen.

Das Problem war:  Es gab ihn gar nicht. Der überwiegende Teil der Mittel wurde für Schutzpersonal verwendet, dass die Gegend durchforstete auf der Suche nach dem Feldhamster. Ich stellte damals eine Anfrage an Frau Höhn, wie viele Feldhamster insgesamt gefunden worden waren. Und die Regierung musste einräumen, dass 2003 und 2004 lediglich vier lebende sowie vier tote Exemplare entdeckt worden waren.

Es wurde sogar eine Feldhamster-Meldeprämie ausgelobt. Für jeden lebenden oder toten Feldhamster bekam der Finder 150 Euro. Selbst dieser Finderlohn verpuffte,  der Feldhamster blieb verschollen, es gab einfach keine.

Der Feldhamster spielte auch bei dem Kohlekraftwerk Neurath eine Rolle.

Ja, da tauchte er wieder auf, der Phantom-Hamster, als das Braunkohlekraftwerk Neurath mit neuen Blöcken erweitern werden sollte. Es ging um ein Investitionsvolumen von über zwei Milliarden Euro, um Tausende Arbeitsplätze zu sichern. Im Übrigen, um auch die Schadstoffemissionen zu senken. Das Projekt wurde verzögert, weil ein Feldhamster-Habitat gefährdet sein könne.

Und dann stellte sich heraus, dass in Neurath kein einziger Feldhamster entdeckt wurde, sondern man fand lediglich drei leere Erdlöcher. Wenn es nicht so traurig wäre, müsste man einen satirischen Film darüber drehen. Peer Steinbrück hat sich damals als Ministerpräsident verzweifelt gegen diese neuerliche Blockade gewehrt. Diese Geschichte hat mit dazu beigetragen, dass Rot-Grün die Landtagswahl 2005 verloren hat.

Nun haben auch die Grünen gelernt und sind für die Rodung im Tesla-Wald…

Ja, aber durch diese Aktionen ist jedes Maß verloren gegangen, jeder Realitätssinn dafür, dass der Wohlstand unseres Landes von einer wettbewerbsfähigen industriellen Produktion abhängt.  Und dass wir wirklich den Ast absägen, auf dem wir sitzen. Aus purer Ideologie wird gegen jedes industrielle Investitionsvorhaben Stimmung gemacht. Und die Grünen, auch wenn sie vielleicht klüger geworden sind, haben über Jahrzehnte hinweg diese Netzwerke mitentwickelt.

Sie haben mit ihnen über Bande gespielt. Wir erleben jetzt, dass sich diese Netzwerke verselbstständigt haben und zum Teil mit skurrilen Aktionen versucht wird, wie jetzt bei Tesla, industrielle Projekte zu blockieren, die sehr sinnvoll sind für Arbeitsplätze und im Übrigen auch für den Umweltschutz. Ich erinnere hier an Gothes Zauberlehrling: „Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister werd‘ ich nun nicht los.

Gerhard Papke saß viele Jahre für die FDP im NRW-Landtag in Düsseldorf. Von 2005 bis 2012 war er dort auch FDP-Fraktionschef.

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