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Politik: Die gute Marke Eichel

Von Hans Monath Politikberatung ist in der Regel ein dezentes Geschäft. Wer einem prominenten Politiker zuarbeitet, redet nicht öffentlich über dessen Schwächen – der Erfolg der Anstrengung soll ja dem Kunden zugeschrieben werden.

Von Hans Monath

Politikberatung ist in der Regel ein dezentes Geschäft. Wer einem prominenten Politiker zuarbeitet, redet nicht öffentlich über dessen Schwächen – der Erfolg der Anstrengung soll ja dem Kunden zugeschrieben werden. Klaus-Peter Schmidt-Deguelle dagegen, PR-Fachmann von Finanzminister Hans Eichel, hat noch nie zu den Medienberatern gezählt, die ihre eigenen Leistungen sorgsam vor aller Augen verbergen. Nun hat er wieder einen tiefen Einblick in seine Meister-Werkstatt der Politik-Vermittlung gestattet und dabei auch seinen Auftraggeber nicht geschont.

In einem neuen Sammelband über die Strategiefähigkeit von Parteien (Frank Nullmeier und Thomas Saretzki: „Jenseits des Regierungsalltags“) resümiert Schmidt-Deguelle die Erfolge seiner dreijährigen Arbeit am Objekt Eichel: Kommunikationsschulung für den Minister („Fernseh-Training, Rede-Training, Interview-Training“) sei nicht mehr erforderlich, auch die Korrektur des äußeren Erscheinungsbilds („Krawatten-Frage“) sei abgeschlossen, schreibt der ehemalige hessische Regierungssprecher. Profil und Image Eichels als „Kassenwart“ und „eiserner Hans“ seien trotz ungünstiger Wirtschaftslage gefestigt. Unter dem Titel „Praxis der Medienberatung“ macht der PR-Spezialist aber auch deutlich, warum seine Arbeit im Finanzministerium weiter gebraucht wird: Erforderlich sei „beständig ein gewisses Nachjustieren". Auftritte und Reden des Ministers müssten besprochen werden, „auch um Rückfälle in alte Gewohnheiten zu verhindern".

Freimütig plaudert Schmidt-Deguelle schließlich über eine Fehlleistung seines Ministers: Nach dem 11. September 2001 sei Eichel die Formulierung unterlaufen, er werde sich „auch von den Terroristen seinen Sparkurs nicht zerbomben“ lassen. Ein solcher Vorfall sei „natürlich für einen Öffentlichkeitsarbeiter der Super-Gau“, schreibt der Berater. Der Vorfall zeige, „dass Politiker gelernte Floskeln – unpassend – in einer Situation verwenden, auf die man nicht vorbereitet war“. Zwar hebt der Kommunikationsspezialist hervor, die beste Medienberatung versage, wenn die Substanz der Politik nicht gut sei. Er lobt auch, Eichel verfüge über die seltene Fähigkeit, Rat von außen anzunehmen. Trotzdem ist fraglich, ob der Chef erfreut sein wird über die Offenherzigkeit, mit der sein Berater seine Fehler ausbreitet. Möglicherweise entscheidet sich auch Eichel zum „Nachjustieren“ und empfiehlt seinem Mitarbeiter in Sachen Selbstlob künftig einen strengen Sparkurs.

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