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Politik: Die Hoffnung scheitert an der Armut Das Parlament in Nigeria will Präsident Obasanjo absetzen

Von Christoph Link, Nairobi Das Misstrauensvotum im Unterhaus des Parlaments in Nigerias Hauptstadt Abuja war ein herber Schlag gegen den Präsidenten. Per Akklamation setzte eine Mehrheitder Abgeordneten vergangene Woche einen Appell an Obasanjo durch, er möge von seinem Amt innerhalb von zwei Wochen zurücktreten.

Von Christoph Link, Nairobi

Das Misstrauensvotum im Unterhaus des Parlaments in Nigerias Hauptstadt Abuja war ein herber Schlag gegen den Präsidenten. Per Akklamation setzte eine Mehrheitder Abgeordneten vergangene Woche einen Appell an Obasanjo durch, er möge von seinem Amt innerhalb von zwei Wochen zurücktreten. Sonst werde ein Amtsenthebungsverfahren angesetzt, weil er die Korruption nicht in den Griff bekomme und gegen Gesetze verstoße. „Unzulänglichkeiten und Dummheit“ warfen die Parlamentarier dem Präsidenten vor - doch der hielt stand. „Ich werde weiterhin Nigeria dienen“, erklärte Obasanjo, ein Berater sprach von einem „lächerlichen Akt“ des Parlamentes.

In der Tat hat ein Amtsenthebungsverfahren wenig Aussicht auf Erfolg, es muss in beiden Kammern der Nationalversammlung mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden, und das Verfahren ist so langwierig, das es sicher nicht vor den für Mai 2003 geplanten Präsidentenwahlen durchgeführt werden kann. Doch der politische Schaden des Misstrauensvotums ist groß - selbst Mitglieder von Obasanjos regierenden Demokratischen Volkspartei (PDP) haben gegen ihren Präsidenten gestimmt.

Dessen Popularität scheint allerorten zu schwinden. Eine Reise ins muslimische Kano endete mit Unruhen. Die Presse kritisiert seine Auslandsreisen, auf denen er für Investitionen werben will. Ein „gut geordnetes Haus“ würde Kapitalgeber von alleine anlocken - so der Tenor. Gut geordnet ist das Land mit seinen 120 Millionen Einwohnern und über 400 Ethnien auch nach drei Jahren demokratisch gewählter Regierung nicht: Bisher ist kein einziger prominenter Korruptionsfall verurteilt worden. Die Verarmung schreitet fort. Im Nigerdelta besetzen Arbeitslose eine Ölplattform nach der anderen, in Kano im Norden Nigerias wird offen über die Drogenprobleme einer Jugend ohne Perspektiven diskutiert. Wegen der grassierenden Kriminalität haben Bürger die Justiz in die eigene Hand genommen, brutale Jugendbanden wie die Bakassi-Boys sorgen mit Lynchjustiz für Terror. Zwar hat die Polizei jetzt 30 Bakassi- Boys verhaftet - doch in vielen Bundesstaaten werden die „Vigilantes“ geduldet. Den schlimmsten Blutzoll aber haben Krawalle zwischen Christen und Moslems wegen Ausrufung der Scharia in einem Dutzend der 36 nigerianischen Bundesstaaten gefordert. Von 10 000 Toten seit 1999 ist die Rede. Obasanjo hatte die Scharia für verfassungswidrig erklärt, doch fundamentalistische Staaten wie Zamfara kümmern sich wenig um die Erklärungen des Südens. So sind in Zamfara zivile Berufungsgerichte für Muslime jetzt nicht mehr zuständig.

Die alten Generäle nutzen die Schwäche des Christen Obasanjo: Der reiche Ex-Militärdiktator Ibrahim Babangida hat seine Kandidatur als Präsident erklärt, der frühere Militärmachthaber General Buhari, ein Verfechter der Scharia, geht auch ins Rennen um das höchste Amt im Ölstaat Nigeria.

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