zum Hauptinhalt

Politik: Die Holzmann-Krise

Der schöne blaue Hintergrund für die Fernsehkameras ist früh aufgebaut, im ersten Stock des Kanzleramts. Man hat es an diesem Novembertag eilig.

Der schöne blaue Hintergrund für die Fernsehkameras ist früh aufgebaut, im ersten Stock des Kanzleramts. Man hat es an diesem Novembertag eilig. Der Bundeskanzler hat den Holzmann-Betriebsrat und den Chef der IG Bau zum Gespräch gebeten und per Fax zur Pressekonferenz eingeladen. Die Erwartungen sind nicht sehr hoch. Denn in Frankfurt hat Holzmann den Insolvenzantrag schon gestellt und nach Tagen aufgeregter Diskussionen gilt das Schicksal von 17 000 Arbeitsplätzen als besiegelt. Doch eine Viertelstunde vor der angekündigten Zeit tritt Schröder vor die Fernsehwand: Er werde es noch einmal versuchen, durch persönlichen Einsatz. Sein Auftritt ist ein reines Fernsehereignis. Erlaubt sind nur drei Fragen - die Antworten hinterlassen mehr Rätselraten als Klarheit. Schröder will intervenieren, soviel ist klar. Aber mit welchen Mitteln? Symbolisch, um zu zeigen, dass er die Sorgen um die Arbeitsplätze ernst nimmt? Oder ernsthaft, womöglich mit Steuergeldern?

Der Ausgang der Geschichte ist bekannt: Wenige Tage später ist die Holzmann-Pleite abgewendet. In Frankfurt skandiert die Belegschaft: "Gerhard, Gerhard." Der Kanzler ist der Retter. Doch der Jubel ist nicht allgemein. Schröder muss sich vorhalten lassen, die Aktion sei traditioneller SPD-Interventionismus, der zum Bild des Modernisierers schlecht passt. Desto größer ist die Freude in der SPD, vor allem bei denen, die sich die Serie der Wahlniederlagen des Herbstes vor allem dadurch erklären, dass unter Schröder der Gerechtigkeitssinn der SPD gelitten, ihr Sinn für die kleinen Leuten nachgelassen habe. Die Holzmann-Intervention findet nach den Wahldebakeln und vor dem Dezember-Parteitag der SPD statt. Sie hilft Schröder in der SPD. Der Kanzler hat übrigens in diesem spektakulären Fall nicht nur vor den Kameras agiert. Schon vor der Ankündigung der Intervention hat Kanzleramtsminister Bury intensiv die Verhandlungen zwischen den Banken begleitet. Nach dem Erfolg ermahnt Schröder seine Partei. Diese Intervention bleibe eine Ausnahme.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false