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Die Technik der Bundeswehr ist nur bedingt einsatzbereit.

© dpa/ Marc Tessensohn

Die Ideen von AKK: Wie die Bundeswehr ihre Einsatzfähigkeit erhöhen soll

Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer will die Bundeswehr schlagkräftiger machen – und den Sachverstand im eigenen Haus stärken.

Von Robert Birnbaum

Annegret Kramp-Karrenbauer erlaubt sich eine kleine Spitze. Zum ersten Mal steht die Verteidigungsministerin am Montag vor den versammelten Kommandeuren der Bundeswehr. Die Neugier ist gegenseitig, der Saal im Hyatt-Hotel ist bis auf den letzten Platz in Feldgrau und Marineblau besetzt. Die Generäle, Admiräle, Obersten und Majore wollen die Neue hören. Alle zwei Jahre kommen sie zu der Bundeswehr-Tagung zusammen. Kramp-Karrenbauer hat für ihre Premiere ein paar neue Ideen mitgebracht. Doch erst mal lässt sie Revue passieren, was nicht funktioniert hat – zum Beispiel, die Probleme „mit großen Ankündigungen“ aus der Welt zu schaffen.

Wen sie genau meint, sagt die Saarländerin nicht. Aber man kann sich unschwer den einen oder die andere in der Reihe ihrer Vorgänger vorstellen. Kramp-Karrenbauer will allerdings keine große Rückschau halten. Sie wolle sich auch nicht „mit der Erzählung begnügen, dass alles seine Zeit braucht“.

Sicher, das Umsteuern von der schrumpfenden Armee zum Zuwachs sei nicht einfach. Aber die Ministerin, die ja eher versehentlich in das Amt kam, hat sich von Anfang an ein ehrgeiziges politisches Programm vorgenommen. „Ich bin überzeugt, dass Deutschland aktiver werden muss“, bekräftigt Kramp-Karrenbauer.

Doch die alten Einsätze erklärtermaßen beizubehalten und neue Einsätze, etwa in der Sahel-Zone, ins Auge zu fassen setzt die nötigen Mittel voraus. Und daran, das räumt sie unumwunden ein, fehlt es: „70 Prozent materielle Einsatzbereitschaft, im Schnitt gesehen, genügt nicht, um mehr Verantwortung zu schultern.“ Dass in der Bundeswehr nichts fliege, schwimme und fahre, sei zwar ein ungerechtes „Zerrbild“. Aber es fliegt, schwimmt und fährt nicht genug.

AKK kündigt „Initiative Einsatzbereitschaft“ an

Ihr Ansatz, das zu ändern, unterscheidet sich grundlegend von dem ihrer Vorgängerin. Wo Ursula von der Leyen auf produktive Verstörung durch Management-Techniken setzte, versucht Kramp-Karrenbauer den Ehrgeiz und Sachverstand im eigenen Haus zu remobilisieren. Das wurde schon deutlich, als sie die Privatisierung der Heeres-Instandsetzungslogistik (HIL) stoppte und dem Koblenzer Beschaffungsamt BAAINBw eine Reform der kleinen Schritte statt grundlegender Umwälzung verordnete.

Jetzt kündigt sie eine „Initiative Einsatzbereitschaft“ an. Die ist Ergebnis einer Führungsklausur und beruht inhaltlich, darauf legt Kramp-Karrenbauer Wert, auf Ideen der Inspekteure, Abteilungsleiter und Behördenchefs selbst. Es geht im Kern um Pragmatismus. Die Sanität soll Verbrauchsmaterial normal einkaufen statt die BW-eigene Lieferkette abzuwarten. Die Marine soll mehr Schiffe auf See kriegen, indem sie die Instandsetzung wieder stärker selbst in die Hand nimmt. Auch den Perfektionismus will Kramp-Karrenbauer bremsen: Eine 80-Prozent-Lösung rechtzeitig auf dem Kasernenhof stehen zu haben sei besser als eine 100prozentige nicht.

„Die Einsatzbereitschaft ist der Maßstab, an dem wir gemessen werden“, sagt die Ministerin. Schon zum Jahresende müsse sie besser sein als heute. Das ist ein recht ehrgeiziges Ziel. In der Fragerunde beklagt ein Verantwortlicher aus dem Ministerium, dass die Beschaffung auf dem kurzen Dienstweg immer schnell an Bedenken ende, dass man das Projekt doch sicher europaweit ausschreiben müsse. „Wir können’s noch ein bisschen mutiger versuchen“, schlägt Kramp-Karrenbauer vor.

Der Beifall im Saal bleibt skeptisch verhalten. Die Kollegen, merkt ein erfahrener Kommandeur in der Kaffeepause an, hätten über all die Jahre schon so viele Neuanfänge versprochen bekommen – die warteten jetzt erst mal ab. Wohl auch, wie lange dieser neue Besen überhaupt kehrt. Dass die CDU-Chefin den Job im Bendler-Block nicht als Lebensaufgabe sieht, wissen ihre Kommandeure ja schließlich auch.

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