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Politik: Die israelische Lösung der FDP

Berlin - „Es war mühsam“, stöhnt einer, der die Sache aus einiger Nähe verfolgt hat, „aber die Kuh ist vom Eis.“ Nach zwei Tagen sehr schwieriger Gespräche haben FDP-Chef Guido Westerwelle und Fraktionschef Wolfgang Gerhardt einen offenen Machtkampf darüber vermieden, wer künftig die Fraktion führt.

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Berlin - „Es war mühsam“, stöhnt einer, der die Sache aus einiger Nähe verfolgt hat, „aber die Kuh ist vom Eis.“ Nach zwei Tagen sehr schwieriger Gespräche haben FDP-Chef Guido Westerwelle und Fraktionschef Wolfgang Gerhardt einen offenen Machtkampf darüber vermieden, wer künftig die Fraktion führt. Das Ergebnis ist eine, wie es in FDP-Kreisen so erleichtert wie spöttisch heißt, „israelische Lösung“ – der Wechsel im Amt im Laufe der Legislaturperiode: Gerhardt bleibt Vorsitzender der Bundestagsfraktion bis nach den drei Landtagswahlen im Frühjahr 2006 in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt – Anfang Mai übergibt er das Amt an Westerwelle. Der gefundene Kompromiss passe in seine „persönliche Lebensplanung“, versichert Gerhardt am Donnerstagabend nach der Präsidiumssitzung seiner Partei.

Die Einigung hat eine Fußnote: Sie gilt für den Fall, dass die FDP in der Opposition bleibt und es nicht zu einem schwarz-gelb-grünen Bündnis kommt. Ein Fall, der in der FDP-Führung nicht als wahrscheinlich gilt. Nach einem Rückzug von der Fraktionsspitze ist für Gerhardt bereits eine attraktive Position gefunden: Er soll an die Spitze der Friedrich-Naumann-Stiftung wechseln. Der bisherige Stiftungschef Otto Graf Lambsdorff sagt, er selbst werde im Frühjahr ausscheiden. „Wolfgang Gerhardt ist eine starke Führungspersönlichkeit für dieses Amt. Wenn er es will, wäre er ein ausgezeichneter Kandidat.“ Dass Westerwelle im Falle einer Koalition ohne FDP die Rolle Gerhardts übernimmt, folgt nüchtern-taktischem Kalkül. Schon dass in Bundestagsdebatten der Fraktionschef, nicht der Parteichef in der Regel das Wort ergreift, spricht dafür. Das Wahlergebnis der FDP verlieh dem Anspruch zusätzlichen Schub.

Gerhardt rechnete mit einem Putsch: Ihm drohte eine Abwahl in der nächsten Fraktionssitzung, betrieben vor allem von jüngeren Abgeordneten. Nachdem das bekannt wurde, sah sich Westerwelle zu einer gütlichen Einigung mit Gerhard genötigt. „Wir hätten sonst unser neues Renommee sofort wieder zerstört“, heißt es unter Beteiligten. Zudem hätte ein Machtkampf die Position der FDP in den Koalitionsgesprächen geschwächt. Es bedurfte aber der Einschaltung von Vermittlern, um das Misstrauen zwischen Westerwelle und Gerhardt zu überwinden. Der Ältere hat nie vergessen, wie ihn der Jüngere von der Parteispitze verdrängt hat. Auch die Frage, ob Gerhardt Außenminister werden soll, hatte Westerwelle lange offen gelassen.

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