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Politik: Die Jungen wollen eine neue SPD

„Netzwerk“ um Ex-Ministerpräsident Gabriel legt Programmentwurf vor: Jede Arbeit soll jedem zumutbar sein

Berlin. Kurz vor dem SPD-Parteitag hat eine Gruppe junger Sozialdemokraten einen Vorschlag für ein neues Grundsatzprogramm der Partei vorgelegt. Unter dem Titel: „Die neue SPD: Menschen stärken, Wege öffnen“, skizzieren die Autoren ihr Bild von der Zukunft der SPD. „Dies ist der gelungene Versuch, die SPD von morgen zu beschreiben, und zwar von denen, die sie morgen tragen sollen“, sagte Mitinitiator Sigmar Gabriel. Allerdings gibt es Streit um das eigenmächtige Vorgehen der Autoren. In der SPD-Spitze wird das Papier zum Teil als „Konkurrenz“ zur Arbeit der Programmkommission unter SPD-Generalsekretär Olaf Scholz aufgefasst.

Dies sei ein Programmentwurf , der die Fragestellungen der nächsten Jahrzehnte aufwerfe, ohne dabei die Wurzeln der SPD zu kappen, sagte Gabriel dem Tagesspiegel. Die Autoren des 45-seitigen Papiers, das dem Tagesspiegel vorliegt, sind Mitglieder des „Netzwerkes Berlin“, eines Bündnisses junger SPD-Politiker.

Konkret wird das Papier vor allem bei der Forderung nach „nachträglichen Studiengebühren“, dem Umbau des Sozialstaates und der Modernisierung des Arbeitsmarktes. So sollen die sozialen Sicherungssysteme künftig auf eine breitere finanzielle Basis gestellt werden. Neben den Beiträgen sollen die Steuerfinanzierung und die individuelle Vorsorge eine größere Rolle spielen. Im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit dürfe die persönliche berufliche Qualifikation kein Kriterium mehr sein, Stellenangebote abzulehnen.

In der SPD-Parteizentrale gibt es Unmut über den Vorstoß von Gabriel und den Netzwerkern. Eigentlich, so heißt es, soll die Arbeit am neuen Parteiprogramm, das voraussichtlich Ende 2004 beschlossen werden soll, in der Programmkommission stattfinden, der auch Gabriel angehört. „Jeder Programmbeitrag ist willkommen“, sagte Michael Müller, Mitglied der Kommission, dem Tagesspiegel. Allerdings sei dies „in erster Linie der Versuch, sich vor dem Parteitag zu profilieren“. Gabriel will das Papier als Initiative verstanden wissen, um „Schwung in die SPD-Programmdiskussion zu bringen“.

Für die Sitzung der Kommission an diesem Donnerstag erwarten die Mitglieder eine heftige Debatte über das Vorgehen der Autoren. „Das wird ziemlich Zoff geben“, hieß es aus Kommissionskreisen.

Ebenso hieß es, Scholz werde von Mitgliedern der Parteiführung ermahnt, sich von Gabriel nicht vorführen zu lassen. Vor allem Parteivize Wolfgang Thierse sei „stinksauer“ über den Alleingang. Gabriel erklärte, er habe die Differenzen mit Thierse ausgeräumt. Zudem sei Scholz in die Planung eingeweiht gewesen. Scholz hatte an einem Treffen der Autorengruppe in Münstereifel auf Einladung Gabriels teilgenommen. „Wir wollen nicht die Arbeit der Redaktionsgruppe für das Parteiprogramm ersetzen“, versicherte Gabriel.

Probleme mit den Thesen haben vor allem die Linken in der SPD. „Viel Wind um wenig“, sagte Linken-Sprecherin Andrea Nahles. Es finde sich darin „viel Richtiges und viel Belangloses“. Früher seien es immer die Linken gewesen, die eifrig Papiere verfasst hätten, an denen sich die anderen in der SPD abgearbeitet hätten. Es freue sie, dass es nun eben einmal umgekehrt sei.

Markus Feldenkirchen

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