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Politik: „Die Kanzlerin wird Wert auf weiche Themen legen“

Der CDU-Wahlkampfberater Peter Radunski rät der SPD, ihre Stimmen links zu sammeln – die Union soll Hausfrauen würdigen

Herr Radunski, Sie haben fünf Bundestagswahlkämpfe und vier Dutzend Landtagswahlkämpfe der CDU geleitet. Was sagt Ihr Gespür: Hat sich die Ausgangslage der Union mit dem Wechsel an der SPD-Spitze verschlechtert?

Sie hat sich verändert. Die Union muss nach Franz Münteferings Rückkehr als SPD-Chef und der Kür von Frank-Walter Steinmeier zum Spitzenkandidaten intensiver auf die Gefahr einer rot-rot-grünen Koalition im Bund hinweisen.

Steinmeier und Müntefering stehen nicht für eine Annäherung der SPD an die Linke, im Gegenteil. Ist ein Wahlkampf gegen Rot-Rot da überhaupt sinnvoll?

Steinmeier und Müntefering sorgen für einen Verdeckungseffekt. Viele glauben, das neue Duo werde kein Bündnis mit der Linkspartei eingehen. Wir müssen zeigen, dass das nicht stimmt.

Sind Sie wirklich der Überzeugung, die Bundes-SPD könne nach der Wahl mit den Linken paktieren?

Für die CDU ist es wichtig, die Glaubwürdigkeit der SPD zu erschüttern. Wir müssen zum Beispiel darauf hinweisen, dass Müntefering und Steinmeier das rot-rot-grüne Experiment von Andrea Ypsilanti in Hessen offenbar nicht mehr stoppen wollen. Ein zweites Thema wird die Kandidatur von Gesine Schwan für das Amt des Bundespräsidenten sein. Frau Schwan hat ja ohne die Stimmen der Linken keine Chance. Und dann sind da noch die Wahlen in Thüringen und im Saarland, wo die SPD ganz offen auf Rot-Rot zusteuert. Das alles folgt ja auch einer Logik. Wenn die SPD Wähler gewinnen will, muss sie ganz nach links rücken.

Das müssen Sie genauer erklären.

Für SPD und CDU wird es bei der Bundestagswahl weniger darum gehen, sich gegenseitig Wähler abzujagen. Da sind die Claims weitgehend abgesteckt. Beide werden sich vielmehr darum kümmern müssen, Stimmen aus dem Lager der Nichtwähler zurückzugewinnen. Die SPD muss darüber hinaus versuchen, Wähler zu überzeugen, die sie an die Linkspartei verloren hat. Die SPD kann Wähler nur noch links gewinnen, sie muss deshalb nach links rücken.

Werden Wahlen nicht in der Mitte gewonnen?

Das dauernde Gerede über die Mitte wundert mich. Die Mitte ist ausgereizt. Das gilt auch für die CDU. Für sie geht es um Millionen rechte Wähler, die sie ans Lager der Nichtwähler verloren hat. Das haben die Landtagswahlen ganz deutlich gezeigt. Die Union muss diese Wähler aber an sich binden, wenn sie Volkspartei bleiben will.

Die Union versucht nicht das erste Mal, mit der Warnung vor Linksbündnissen Wähler zu mobilisieren. Nutzt sich die Methode nicht allmählich ab?

Ich glaube nicht, dass die allgemeine Annahme stimmt, das alte Links- rechts-Schema habe jede Bedeutung verloren. Ich glaube auch nicht, dass die Parteien um einen Lagerwahlkampf herumkommen werden. Denn die Deutschen wollen vor der Wahl wissen, welcher Kanzler das Land in welcher Konstellation regieren will. Das heißt nicht, dass wir die Auseinandersetzung im Stil einer neuen Rote-Socken-Kampagne führen sollten. Notwendig ist aber ein grundsätzlicher Streit darüber, wie wir in Zeiten der Globalisierung ein Staat der sozialen Marktwirtschaft bleiben können. Und da sollte die Union klar Partei nehmen für den großen Teil der Bevölkerung, der arbeiten geht.

Bei der Wahl 2005 ist Angela Merkel als entschlossene Reformerin angetreten, was sie beinahe den Wahlsieg gekostet hätte. Wie sollte sie sich diesmal präsentieren?

Die Kanzlerin muss über dem Lagerwahlkampf stehen. Sie wird sicher viel Wert auf die sogenannten weichen Themen legen: Familie, Frauen und Bildung.

Angela Merkel hat die CDU in genau diesen Themenfeldern modernisiert und damit auch entideologisiert. Kann die Union davon im Wahlkampf profitieren?

Ich halte den Kurs von Frau Merkel langfristig für richtig. Er hat aber eindeutig noch keine Wählerstimmen gebracht. Das zeigen die Ergebnisse der Landtagswahlen. Die CDU hat bei jungen Frauen nicht dazugewonnen. Dass sie in dieser Wählergruppe bei der Bundestagswahl punkten wird, darf bezweifelt werden.

Wie will die Union konservative Wähler mit Merkel an der Spitze zurückgewinnen?

Für die Union wird entscheidend sein, dass Frau Merkel ihr Image behält. Der Kanzlerinnenbonus kann in der Schlussphase für viele Wechselwähler den Ausschlag geben. Er reicht aber definitiv nicht aus, um die Unionsanhänger voll zu mobilisieren. Deshalb müssen die Ministerpräsidenten der Union im Wahlkampf das konservative Profil deutlich machen. Dazu gehört auch, dass die Union auch die Lebensleistung von Frauen würdigt, denen Familie und Kindererziehung wichtiger war als Karriere. Diesen Spagat muss die Union in Arbeitsteilung auf sich nehmen. Denn es ist die ältere Generation, die ihr den Sieg bringen soll. Und die hat überwiegend in traditionellen Familienverhältnissen gelebt.

Welche Fehler aus den vergangenen Bundestagswahlkämpfen sollte die Union diesmal vermeiden?

Wenn die Ministerpräsidentenriege nicht wie eine Phalanx hinter Frau Merkel steht, werden wir es schwer haben. Das muss die Lehre aus dem Wahlkampf 2005 sein, in dem es an Geschlossenheit und Disziplin gefehlt hat.

Was kann es für den Wahlkampf im Bund bedeuten, wenn die CSU in Bayern tatsächlich die absolute Mehrheit verfehlt?

Das würde die CSU wahrscheinlich destabilisieren. Eine schwache CSU könnte versucht sein, ihr Heil in verstärkten Auseinandersetzungen mit der CDU zu suchen. Das wäre schlecht. Außerdem ist eine starke CSU nötig, um im Bund die erforderlichen Stimmen aus Bayern beizusteuern.

Das Gespräch führte S. Haselberger.

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