zum Hauptinhalt
Leben ohne Maske: In Tel Aviv ist das schon wieder möglich.

© Emmanuel Dunand / AFP

Die Krise in der Coronakrise: Der Blick ins Ausland zeigt, wie die Bundesregierung scheitert

Strandpartys in Tel Aviv, Spring Break in Florida, britische Urlauber auf Mallorca: Der Kontrast zu Deutschland wird immer deutlicher. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Vor einem Jahr, als alles begann, gingen die Bilder um die Welt. Bergamo, Ischgl, New York. Leichen lagerten auf Lastern, weil Menschen schneller starben, als bestattet werden konnten. Aus dem Erschrecken erwuchs Widerstandswille, der Schock stärkte die Vernunft.

Maske tragen, Abstand halten, Hände waschen, aufs Reisen verzichten, die Oma nicht im Pflegeheim besuchen: All das wurde mehrheitlich hingenommen aus Einsicht in die Notwendigkeit.

Nun werden wieder Bilder um die Welt gehen. Von Strandpartys in Tel Aviv, Spring Break in Florida, britischen Urlaubern auf Mallorca. Weil in diesen Ländern besonders effizient geimpft wird, fallen die Masken.

Ganz ohne Risiko ist das zwar noch nicht, aber der Grundimpuls breitet sich dort immer weiter aus: Vorwärts in die geliebte Vergangenheit! Vorwärts in ein Leben, wie es einst war, mit Nähe und Freiheit, Feiern und Freunden.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

„Das Ufer sehen wir ja auch nicht“

Die Bundesregierung wird sich offiziell freuen über die Fortschritte, die andere Länder in der Pandemie-Bekämpfung gemacht haben. Sie wird sie beglückwünschen und hierzulande jenen Menschen kondolieren, die einen Angehörigen verloren haben, weil er eben nicht frühzeitig geimpft wurde.

Angela Merkel drückte den Zustand Deutschlands in dieser „Jahrhundertkatastrophe“, wie sie die Coronakrise nennt, am vergangenen Mittwoch so aus: „Das sind jetzt noch drei, vier schwere Monate: März, April, Mai, Juni (…) Wir versuchen jetzt, die Brücken zu bauen, aber wir wissen auch nicht, wohin wir die genau bauen. Also, das Ufer sehen wir ja auch nicht.“

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Wer aus den USA, Großbritannien oder Israel auf Deutschland blickt, wundert sich. Wieso wird ein Volk, das in seiner Gesamtheit flexibel, phantasievoll und innovativ ist, von einer Koalition regiert, die das Gegenteil davon ist?

Die hin und her pendelt zwischen Länder- und Europa-Befugnissen, Söder und Laschet, Scholz und Spahn, Drosten und Lauterbach, Stiko- und Ethikratsempfehlungen, 35er-, 50er- und 100er-Inzidenzen, gierigen Abgeordneten, die am Leid verdienen wollten, und überforderten Banken, die Hilfsgelder an Betrüger auszahlten.

Führung ist immer riskant

Ginge es nicht um Menschenleben, grundgesetzlich garantierte Freiheiten und wirtschaftlich bedrohte Existenzen, ließe sich das organisatorische Debakel als täglich neu inszeniertes Kasperletheater schildern. Doch das verbietet sich. Dafür ist die Lage zu ernst.

Die Bilder aus den USA, Großbritannien und Israel lassen ahnen, was auch in Deutschland möglich gewesen wäre. Wenn. Ja, wenn. Das vergrößert den Groll.

[Alle wichtigen Nachrichten des Tages finden Sie im kostenlosen Tagesspiegel-Newsletter "Fragen des Tages". Dazu Kommentare, Reportagen und Freizeit-Tipps. Zur Anmeldung geht es hier.]

Es ist müßig, darüber zu sinnieren, woran es den Mitgliedern der Bundesregierung vor allem gefehlt hat – Kompetenz, Weitblick, Entschlossenheit, Pragmatismus. Wahrscheinlich war es von jedem ein bisschen. Hinzu kamen eine Kanzlerin am Ende ihrer Amtszeit, eine ungeklärte Kandidatenfrage innerhalb der Union, eine SPD ohne Orientierung. Führung ist immer riskant.

Wer in einer Krise ins Offene geht und Verantwortung übernimmt, kann scheitern. Aber es versucht zu haben und zu scheitern, ist allemal ehrenhafter, als sich in Halbherzigkeiten zu verlieren – und dann zu scheitern.

12,5 Millionen Impfdosen wurden bis zum 10. März in Deutschland ausgeliefert, verabreicht wurden 8,43 Millionen. Das bedeutet einen Impfdosenrückstau von mehr als vier Millionen. Das Wort „Impfdosenrückstau“ sollte das Unwort des Jahres werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false