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Politik: Die Länderchefs streiten in Karlsruhe um die Finanzen. Den Kläger-Ländern schlägt harsche Kritik entgegen

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am Mittwoch vor vollbesetztem Haus die zweitägige Verhandlung über den Antrag Baden-Württembergs, Bayerns und Hessens eröffnet, die den geltenden Finanzausgleich unter den 16 Bundesländern für verfassungswidrig erklären lassen wollen. Die drei reichen Länder wurden nicht nur von SPD-regierten Bundesländern, sondern insbesondere auch von Sachsen und Berlins Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) scharf kritisiert.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am Mittwoch vor vollbesetztem Haus die zweitägige Verhandlung über den Antrag Baden-Württembergs, Bayerns und Hessens eröffnet, die den geltenden Finanzausgleich unter den 16 Bundesländern für verfassungswidrig erklären lassen wollen. Die drei reichen Länder wurden nicht nur von SPD-regierten Bundesländern, sondern insbesondere auch von Sachsen und Berlins Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) scharf kritisiert.

Erwin Teufel (CDU), Edmund Stoiber (CSU) und Roland Koch (CDU), die Troika gegen den bestehenden Länderfinanzausgleich, traten in Karlsruhe mit den bereits bekannten Argumenten und gewohntem Selbstbewusstsein auf. Erwin Teufel rechnete vor, dass die ärmeren Nehmerländer nach dem Finanzausgleich 99,5 Prozent des Durchschnitts hätten. Die reichen Zahlerländer, wie Baden-Württemberg, fänden sich dagegen auf einem der letzten Plätze in der Finanzkraft der Länder wieder.

Auch Bayern will sich nach den Worten von Ministerpräsident Stoiber "nicht aus der Solidarität stehlen". Aber es sei das "absurde Ergebnis" des Länderfinanzausgleichs, dass von 100 DM Mehreinnahmen eines Landes nur eine DM bis 55 DM übrig blieben. Roland Koch zitierte die zwei früheren Urteile des Bundesverfassungsgerichts zum Länderfinanzausgleich, wonach die Finanzverfassung des Grundgesetzes eine Nivellierung der Länder und eine Veränderung der Reihenfolge der Länder in ihrer Finanzkraft verbiete. Diese Passagen hatte auch der Berichterstatter Verfassungsrichter Paul Kirchhof in seinem Sachbericht zu Verhandlungsbeginn betont. Andere zentrale Punkte der Rechtsprechung ließ Kirchhof aber unerwähnt. Gegen ihn war wegen früherer Gutachtertätigkeit für Baden-Württemberg erfolglos ein Befangenheitsantrag gestellt worden.

Die Nehmerländer Bremen und Niedersachsen sowie das inzwischen zum Geberland gewordene Schleswig-Holstein griffen die Darstellung der Geberländer in allen Punkten an. Die drei Bundesländer beantragen in Karlsruhe ausdrücklich die Feststellung, dass der bestehende Länderfinanzausgleich verfassungskonform ist. Auch Diepgen und Sachsens Finanzminister Milbradt (CDU) wiesen vor dem Zweiten Senat darauf hin, dass der bestehende Länderfinanzausgleich 1992 in Potsdam einstimmig verabschiedet wurde. Keines der heute klagenden Länder habe damals verfassungsrechtliche Fragen aufgeworfen.

Gerichtspräsidentin Jutta Limbach, gleichzeitig Vorsitzende des Zweiten Senats wies darauf hin, dass das Gericht die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes zu prüfen habe. Auch wenn es einstimmig ergangen sei, könne das eine "Verfassungswidrigkeit nicht heilen". Die von Baden-Württemberg, Bayern und Hessen genannten Zahlen zum Länderfinanzausgleich wurden in Karlsruhe in Abrede gestellt. Die Staatssekretärin des Bundesfinanzministeriums, Henriks, sprach sogar von "Manipulation".

Baden-Württembergs Prozessvertreter Klaus-Peter Dolde rechtfertigte die Anträge der Kläger, weil der geltende Ausgleich "übernivelliere" und nicht mehr dem im Grundgesetz geforderten "angemessenen Ausgleich" entspreche. Joachim Wieland, Professor in Bielefeld und Prozessvertreter Bremens, Niedersachsens und Schleswig-Holsteins, nannte den Vorstoß der Kläger dagegen einen Angriff auf die ständige bisherige Karlsruher Rechtsprechung. So werde die sogenannte Einwohnerveredelung beanstandet, obwohl sie das Gericht wegen der strukturellen Mehrausgaben selbst in zwei Urteilen gebilligt habe. Die so genannte Einwohnerveredelung bedeutet, dass Bremen, Hamburg und Berlin rechnerisch mehr Einwohner zuerkannt bekommen als sie tatsächlich haben. Eine Änderung der Rechtsprechung sei grundsätzlich möglich, bedürfe aber "schwerwiegender Gründe". Diese seien nicht zu sehen.

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