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Politik: Die langen Nächte der Vermittler

Union sieht Steuer-Einigung mit Regierung noch in weiter Ferne

Von Robert Birnbaum

Im Vermittlungsstreit zwischen Bundesregierung und Opposition sieht die Union ihre Position durch aktuelle Entwicklungen gleich in einer ganzen Reihe von Fragen gestärkt. So äußerte sich CSU-Landesgruppenchef Michael Glos am Dienstag mit Blick auf die Brüsseler Beschlüsse zum Stabilitätspakt äußerst skeptisch über die Chancen der vorgezogenen Steuerreform: Jetzt werde man sich noch schwerer tun, „zu einer Steuersenkung auf Pump zu kommen“. Zugleich betonen Glos und der Fraktionsgeschäftsführer der Union, Volker Kauder, den Zusammenhang mit den von CDU und CSU geforderten Arbeitsmarktreformen. „Wichtigste Voraussetzung“, um doch noch zu einer Steuer-Einigung zu kommen, sei eine Einigung auf „durchgreifende Reformen“ in der Arbeitsmarktpolitik. Ob dazu zwingend die gesetzliche Regelung betrieblicher Bündnisse für Arbeit zählt, darauf wollte sich Kauder, der für die Unionsfraktion die Verhandlungen führt, aber nicht festlegen: „Am Schluss, wenn man dann in langen Nächten beisammensitzt, wird man sehen, was an Verknüpfungen herauskommt.“

Lange Nächte zeichnen sich in der Tat ab, auch weil das Mammut-Vermittlungsverfahren mit immer neuen Themen beladen wird. Am Mittwoch, dem nächsten Sitzungstag des Vermittlungsausschusses, wird nach Kauders Angaben erneut nicht in der Sache verhandelt. Vielmehr sei vorgesehen, zusätzlich zu den zwei Arbeitsgruppen Steuern/Finanzen und Arbeitsmarktreformen eine dritte einzurichten, und zwar zum Komplex Handwerksordnung. Noch nicht entschieden hat die Union, ob sie – erstmals in der Geschichte – den Bundeshaushalt 2004 am Freitag ablehnen und dann ebenfalls ins Vermittlungsverfahren schicken wird. Kauder betonte aber, er plädiere sehr für diesen Weg. Am Donnerstag will CDU-Chefin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Union den Kurs festlegen.

Im Vermittlungsverfahren politisch profitieren möchte die Union auch vom Fall Gerster: Der lockere Umgang des Arbeitsamtschefs mit Millionensummen, lästerte Glos, belege einmal mehr, dass die Bundesanstalt für Arbeit nicht geeignet sei, auch noch bei der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe die Feder zu führen.

Ein großes Streitthema allerdings wird aus dem Verhandlungsmarathon ausgegliedert: Der Streit um das Zuwanderungsgesetz soll nun doch erst im neuen Jahr abgeschlossen werden. Kauder begründet das damit, dass der Vermittlungsausschuss in der Schlusssitzung vom 10. Dezember an schon mehr als genug Themen behandeln müsse. „Das wird eine brutale Veranstaltung“, schwant dem CDU-Politiker. Zumal dort noch ein weiteres Thema landen wird: Der (kleine) zustimmungspflichtige Teil des Rentengesetzes.

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