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Politik: Die letzte Gefahr für Wulff

Umfragen sehen die Linke im niedersächsischen Landtag – das könnte einen CDU/FDP-Sieg verhindern

Mit dem prominenten Gast kam auch die überraschende Nachricht: Als der Schauspieler Peter Sodann, der bis vor kurzem den populären Tatort-Kommissar Bruno Ehrlicher gespielt hatte, auf einer Veranstaltung der Linkspartei in Hannover auftrat, waren gerade neue Umfragewerte bekannt geworden. Erstmals seit Wochen sehen zwei renommierte Meinungsforschungsinstitute die Linke bei fünf Prozent. Das heißt: Der Einzug in den nächsten Niedersächsischen Landtag ist bei der Wahl am kommenden Sonntag wahrscheinlich. Sodann, bekennender Anhänger der Linkspartei, traf auf ein sichtlich gut gelauntes Publikum. Die jüngsten Umfragewerte kamen überraschend, war die Linke in Niedersachsen doch monatelang bei weniger als vier Prozent eingestuft worden. Kaum aber hatten die ersten Genossen zu jubeln begonnen, da drückte der Landesvorsitzende Diether Dehm auf die Bremse und riet dringend: "Ruhe bewahren, bitte jetzt bloß nicht übermütig werden."

Mit dem vergangenen Wochenende hat in Niedersachsen und Hessen die wirklich heiße Wahlkampfphase begonnen, die heikelste Zeit schlechthin. Jeder im Freudentaumel über die guten Umfragewerte leichtfertig dahingesprochene Satz, beispielsweise eines Landtagskandidaten, der die DDR nachträglich als Rechtsstaat verklären wollte, könnte den greifbar nahen Erfolg gefährden. Die Linke fühlt sich ganz dicht am Ziel, erstmals in die Landtage zweier westdeutscher Flächenländer, Hessen und Niedersachsen, einziehen zu können.

"Nun kann uns eigentlich nur noch eine Gruppe gefährlich werden: wir selbst", sagt ein Wahlkampfmanager der Linken. Was einige wenige jetzt falsch machen, müsse die ganze Partei anschließend fünf Jahre lang bereuen. Damit diese Gefahr verringert wird, rücken in Niedersachsen die Landtagskandidaten der Linken in den Hintergrund, die Ikonen der Partei werden auf die Plakate geklebt – Gregor Gysi und Oskar Lafontaine. Die Rückbesinnung auf die Bundesgrößen der Partei hat ihren Sinn: Die Linkspartei will nicht mit landespolitischen Thesen punkten, sondern mit ihrer Rolle als Oppositionskraft, die sie im Bundestag innehat. Diese Perspektive könnte sich auch im Landtag von Hannover bieten: Nicht nur SPD-Spitzenkandidat Wolfgang Jüttner hat einem rot-rot-grünen Bündnis kategorisch eine Absage erteilt, sondern auch die Grünen.

Trotzdem können die Linken bei einem Wahlerfolg die anderen politischen Kräfte im Landtag ins Wanken bringen. Wenn beispielsweise die CDU 42 Prozent bekäme und die FDP sieben, die SPD 36 und die Grünen neun, so bedeutete dies bei einem Scheitern der Linken an der Fünf-Prozent-Hürde, dass SchwarzGelb im Parlament eine klare Mehrheit hätte. Klettert die Linke am Ende tatsächlich über die Fünf-Prozent-Hürde, so hätten also vor allem CDU und FDP ein Problem, denn das könnte die Bestätigung ihrer Regierung verhindern. Soll man also auf die Linke einschlagen, auf die "kommunistische Gefahr" hinweisen? In der CDU-Parteizentrale in Hannover ist eine solche Kampagne im vergangenen Jahr kurz erwogen worden. Nur: Vor allem jüngere Wähler, aber auch solche, die nicht hundertprozentig zur CDU stehen, verspüren die Angst vor den Kommunisten kaum.

Also wird die Niedersachsen-CDU die Warnung vor Rot-Rot-Grün nur sehr dosiert verwenden. Sie soll die Grundlinie, den positiven Sympathiewahlkampf für Regierungschef Christian Wulff, nicht besonders beeinträchtigen. Dies ist auch verständlich, wenn man auf das Führungspersonal der Linken in Niedersachsen blickt. Bestenfalls passt das alte Feindbild von den kommunistischen Kadern, die in Wahrheit eine ganz andere Republik haben wollen, noch auf den Landesvorsitzenden Dehm, der seit zweieinhalb Jahren im Bundestag sitzt. Er gibt in parteiinternen Foren schon mal Sätze zum Besten wie den folgenden: "Demokratisch-revolutionär ist nur eine Strategie, die zusammen mit den real existierenden Massen eines vorgegebenen Raums die erkannten Schwachstellen des gegnerischen Systems ausnutzt, um dessen Potenziale in bruchhaften Schritten zu vergesellschaften." Gleichwohl eignet sich auch Dehm als rotes Tuch für die Gegner der Linken nur begrenzt, da er überparteilich beste Kontakte hat und etwa mit dem CDU-Politiker Norbert Blüm eine gute Bekanntschaft pflegt.

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