zum Hauptinhalt
In diesem Tunnel soll sich Gaddafi zuletzt versteckt haben.

© AFP

Die letzten Wochen des Diktators: Auf der Flucht war Gaddafi schon am Ende

Die letzten Wochen seines Lebens verbrachte der Despot Muammar al Gaddafi als Gejagter. Ein enger Vertrauter des früheren Machthabers berichtete nun den Medien von den letzten Stunden im Versteck.

Manchmal kochte er sich sogar selber einen Tee. Zu essen gab es Reis und Nudeln. Dann vertiefte sich Muammar al Gaddafi wieder in den Koran oder machte hektisch Notizen. Alle drei, vier Tage wechselten der Despot und seine zwei Dutzend Getreuen in Sirte ihr Versteck, der 69-Jährige schwankend zwischen Wutausbrüchen und Depression, ständig in panischer Angst vor Luftangriffen der Nato. Unterschlupf fanden sie in verlassenen Häusern, meist ohne Strom, Fernsehen und Radio. Als einzige Verbindung zur Außenwelt hatte Gaddafi ein Satellitentelefon, mit dem er über den irakisch-syrischen TV-Sender Arrai seine Durchhalteparolen verbreitete.

Nach 42 Jahren gottgleicher Herrschaft verbrachte der selbst ernannte „Bruder Führer“ die letzten Wochen seines Lebens als Gejagter, von der Welt abgeschnitten und unfähig, noch Planvolles zu tun. „Er hat die Schlacht nicht angeführt, das hat er alles seinen Söhnen überlassen“, berichtete jetzt ein enger Vertrauter, der langjährige Kommandeur der Republikanischen Garden, Mansour Dhao Ibrahim, der „New York Times“. „Er war gestresst, wütend und manchmal total verrückt.“ Immer wieder verlor er die Nerven: „Warum gibt es hier keinen Strom, warum kein Wasser?“, brüllte er dann herum.

Nach Ibrahims Angaben floh der Diktator bereits am 21. August aus Tripolis, wenige Stunden nach dem Beginn der Rebellenoffensive, und schlug sich zu seiner Geburtsstadt Sirte durch. Zuletzt waren er und seine Getreuen in dem sogenannten Wohnbezirk Nummer zwei komplett umzingelt. Am Morgen des vergangenen Donnerstags um 3 Uhr wollten sie einen Ausbruch versuchen, die Abfahrt des Konvois jedoch verzögerte sich bis gegen 8 Uhr. Eine halbe Stunde später entdeckten Nato-Jets die davonrasende Kolonne und eröffneten das Feuer. Alle vier Insassen aus Gaddafis Geländewagen versuchten, sich in der Umgebung zu verstecken. Doch angelockt durch die Rauchwolken erschienen schon bald die ersten Rebellen. Gaddafi zogen sie offenbar nur leicht verwundet aus einem Abwasserkanal unter der Straße. Wenig später waren der Despot und sein Sohn tot.

Gaddafi starb durch einen Kopfschuss, Mutassim durch zwei Kugeln ins Genick. Am Dienstag wurden beide vor Tagesanbruch an einem unbekannten Ort nach islamischem Ritual bestattet. Nur eine Handvoll Verwandte durften dabei sein. Zuvor waren die Leichen vier Tage lang in Misrata in einer Markthalle öffentlich zur Schau gestellt worden. Alle Verwandten mussten schwören, den Ort des Grabes niemandem zu verraten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false