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Politik: Die Liebe zur neuen Welt

In Osteuropa finden die USA breite Unterstützung für einen Krieg

Von Paul Kreiner, Thomas Roser und Ulrike Scheffer

Das neue Kraftzentrum Europas liegt im Osten. So jedenfalls sieht es US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, der die jungen Demokratien in Sachen Irak an seiner Seite weiß, während das „alte Europa“, namentlich Frankreich und Deutschland, mit seiner Kritik am Kriegskurs Washingtons den Unmut der USA auf sich zieht. Rumsfeld dürfte bei seiner geographischen Exkursion vor allem die drei Nato-Mitglieder Polen, Tschechien und Ungarn im Sinn gehabt haben, und das nicht ohne Grund: Warschau sei bereit, die USA bei Militäraktionen gegen den Irak zu unterstützen, selbst wenn der UN-Sicherheitsrat sich gegen einen Krieg aussprechen sollte, verkündete der polnische Außenminister Wlodzimierz Cimoszewicz in dieser Woche im polnischen Parlament. Bei bloßen Solidaritätsbekundungen will es Polen dabei keineswegs belassen; neben der polnischen Eliteeinheit Grom wurde bereits eine Fregatte in die Golfregion entsandt.

Auch Tschechien steht für einen Einsatz bereit. Die beiden Häuser des Parlaments stimmten mit großer Mehrheit einem Antrag der Regierung zu, im Fall eines Krieges eigene Soldaten in den Irak zu entsenden. Bedingung dafür ist eine zweite UN-Resolution. Bleibt diese aus, soll die Truppe humanitäre Hilfe leisten – allerdings nur, wenn der Irak zu Massenvernichtungswaffen greift. Obwohl 60 Prozent der Tschechen gegen einen Kriegseinsatz sind, setzte sich in der parlamentarischen Diskussion die Meinung durch, dass man dem Diktator entgegentreten müsse. Ferner sagte man sich, dass man den Wunsch der USA nicht ablehnen könne, ohne einen Gesichtsverlust zu erleiden.

Ähnlich denkt die Regierung in Budapest und hat deshalb den USA erlaubt, auf dem Militärstützpunkt Taszar, 160 Kilometer südwestlich der ungarischen Hauptstadt, irakische Freiwillige für „Verbindungsaufgaben“ auszubilden, wie es offiziell heißt. Insgesamt sollen bis zu 3000 Personen jeweils 90 Tage lang von amerikanischen Spezialisten unterwiesen werden. Mit ihren Landes- und Sprachkenntnissen, so die Planung, sollen sie bei einem Krieg gegen Saddam Hussein eine Brücke zur Bevölkerung schlagen und Ordnungs-, also Polizeiaufgaben erfüllen. Auf die Kritik der rechtsbürgerlichen Oppositionspartei Fidesz, die sozialistische Regierung setze mit der Kooperation die Sicherheit des Landes aufs Spiel, konterte Regierungschef Peter Medgyessy prompt: Die Fidesz habe wohl „keine Ahnung“ von den Verpflichtungen eines Nato-Mitglieds.

Im Westen wird die Anlehnung der künftigen EU-Mitglieder an die USA indes zunehmend kritisch bewertet. „Eine eigenständige Position der EU wird dadurch nicht zwangsläufig gestärkt“, sagte der SPD-Europaabgeordnete Klaus Hänsch dem Tagesspiegel. Sein österreichischer Kollege Hannes Swoboda ist aber überzeugt, dass die neuen Mitglieder ihre Haltung schon bald ändern werden: „Wenn sie erst einmal in die EU-Strukturen eingebunden sind, wird ihre USA-Orientierung nachlassen“, sagte Swoboda dem Tagesspiegel.

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