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Politik: Die Linke und das Lächeln des Dalai Lama

Der Vergleich stand angeblich nicht in ihrem Manuskript, aber er entfachte einen Sturm der Entrüstung. „Die Weltgesellschaft“, so hatte die Hamburger Linken-Abgeordnete Christiane Schneider in einer Tibet-Rede vor der Bürgerschaft der Hansestadt formuliert, habe „in den letzten Jahrzehnten keine guten Erfahrungen mit Religionsführern gemacht, die sich als Repräsentanten gesellschaftlicher Opposition in die Politik gedrängt haben.

Der Vergleich stand angeblich nicht in ihrem Manuskript, aber er entfachte einen Sturm der Entrüstung. „Die Weltgesellschaft“, so hatte die Hamburger Linken-Abgeordnete Christiane Schneider in einer Tibet-Rede vor der Bürgerschaft der Hansestadt formuliert, habe „in den letzten Jahrzehnten keine guten Erfahrungen mit Religionsführern gemacht, die sich als Repräsentanten gesellschaftlicher Opposition in die Politik gedrängt haben.“ Das war, ganz klar, auf den Dalai Lama gemünzt. Und danach kam er schon, der folgenschwere Satz: „Ich erinnere zum Beispiel an Khomeini.“

Hunderte von Hass-Mails habe sie daraufhin bekommen, berichtete Schneider hernach. Wenn der Eindruck entstanden sei, dass sie den Dalai Lama mit dem früheren iranischen Revolutionsführer habe vergleichen wollen, tue ihr das leid. Dies habe ihr ferngelegen. Fraktionschefin Dora Heyenn wurde dennoch sehr deutlich. Die Rede gebe nicht die Meinung der Fraktion wieder, betonte sie – und kündigte an, dass solche Themen künftig vorher intern besprochen würden. Der Vorfall sei eben leider auch der Unerfahrenheit der Fraktion geschuldet.

Wenn es so einfach wäre. Erschwerend hinzu kommen bei der Linken schon auch gewisse Probleme im kritischen Umgang mit vermeintlich kommunistischen Systemen – wie etwa der Streit um die Bewertung Kubas gezeigt hat. In Sachen Tibet kamen aus Berlin allerdings entschiedene Töne. Sie hätte sich hier „auf alle Fälle mehr Sensibilität gewünscht“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion im Bundestag, Dagmar Enkelmann, dem Tagesspiegel. Es gebe keine Begründung oder Rechtfertigung für die Unterdrückung des tibetischen Volkes durch die Chinesen. Und es sei „nur zu verurteilen, wie dort mit den Menschenrechten umgegangen wird“. Enkelmanns Bundestagskollege Norman Paech indessen sah sich gleichzeitig genötigt, das tibetische System zu hinterfragen. „Bei aller Farbigkeit und allem schönen Traditionalismus“ trage es auch „sehr starke feudale Elemente, die hinter dem freundlichen Lächeln des Dalai Lama verschwinden“, sagte er dem Tagesspiegel. Im tibetischen Buddhismus jedenfalls herrschten „in keiner Weise jene Freiheitsrechte, die man jetzt einfordert“.

Im Gegensatz zu seiner Hamburger Kollegin ist Paech nicht unerfahren. Er ist Völkerrechtler und außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag. Und er findet auch keinen Widerspruch, wenn er im Zusammenhang mit der Kritik an Chinas Tibet-Politik betont, dass man die politischen und kulturellen Menschenrechte den ökonomischen und sozialen nicht überordnen dürfe. „Sie sind gleichrangig und haben genauso verpflichtenden Charakter.“ Bei ebendiesen Rechten müsse man aber sehen, sagt Paech, „dass die Chinesen, auch wenn noch vieles im Argen liegt, da einen großen Schritt weitergekommen sind. “

Enkelmann schluckt ein wenig bei dieser Aussage, widerspricht aber nicht. Bei den politischen Menschenrechten jedenfalls treffe das für China „eindeutig nicht zu“, sagt sie dann. Und dass die jüngste Festnahme und Verurteilung des chinesischen Bürgerrechtlers Hu Jia sie „schon sehr an den Umgang mit Andersdenkenden in der DDR erinnert“. Und dem Eindruck, dass die deutsche Linke im Tibet- Konflikt eher auf Seiten des kommunistischen China steht, müsse sie energisch widersprechen. Im Westen möge es einzelne Parteimitglieder geben, die „bestimmte Entwicklungen nicht zur Kenntnis genommen haben“, sagte sie. „Aber Mehrheiten dafür wird es mit Sicherheit nicht geben.“

Einig ist sich die Linke auch in der Ablehnung eines Boykotts der Olympischen Spiele. Damit bestrafe man die Sportler „für unzureichende Formen politischer Auseinandersetzung“. Als „viel wirksamer“ empfahl Enkelmann, „die lukrativen Geschäfte deutscher Firmen mit China zu thematisieren“. Ob Transrapid-Lieferungen von Siemens oder Hermes-Bürgschaften für den Bau des Drei-Schluchten-Staudamms – all dies lasse sich jetzt „nutzen, um in politische Verhandlungen zu kommen und Einfluss zu nehmen“.

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