zum Hauptinhalt
Angela Merkel (CDU), Bundeskanzlerin, spricht beim Ordentlichen Gewerkschaftstag der IG Metall.

© Daniel Karmann/dpa

Die Morgenlage aus der Hauptstadt: Angela Merkel macht Quantencomputer zur Chefsache

Die Themen: Industrie-Expertenrunde im Kanzleramt + Globuli-Streit bei den Grünen + Philipp Amthor im Porträt + Straftaten von Rechtsextremisten.

Von Robert Birnbaum

Die wichtigsten Nachrichten aus Politik und Wirtschaft ab 6 Uhr morgens in unserer Tagesspiegel Morgenlage. Interesse? Dann hier kostenlos den Newsletter bestellen.

Politik tritt oft laut und, seien wir ehrlich, auch dank unserer medialen Mithilfe recht schnell vordergründig auf: Etwas passiert, woraufhin alle schreien, dass etwas geschehen müsse … Aber Politik arbeitet manchmal auch ganz still und leise. Anfang Dezember trifft sich im Kanzleramt die Steuerungsgruppe Innovationsdialog mit Angela Merkel und einem Kreis von Ministern.

Hinter dem sperrigen Namen verbirgt sich ein Gremium aus Fachleuten und führenden Industrievertretern, mit denen die Physikerin Merkel seit 2010 ein- bis zweimal im Jahr über ganz große Linien der industriellen Zukunft diskutiert und darüber, wie der Staat helfen kann, diese Zukunft zu sichern.

Diesmal geht es um eine Strategie für Quanten-Computer. Gegen diese künftigen Monster der maschinellen Intelligenz, die nicht nur Nullen und Einsen kennen, sondern alles dazwischen, werden unsere heutigen Großrechner einmal so dumm und lahm erscheinen wie das niedliche Computerchen in einer Digitalarmbanduhr.

Was Deutschland und Europa unternehmen, um an dieser strategischen Forschungsfront nicht von Google und milliardenschweren chinesischen Staatslaboren abgehängt zu werden, hat meine Kollegin Sonja Alvarez umfassend im Background Digitalisierung zusammengestellt.

Straftaten von Rechtsextremisten

Laut treten besonders gerne auch Rechtsextremisten und Neonazis auf. Leider bleibt es nicht bei krawalligen Aufmärschen und Dröhnbässen zu völkischer Musik. In diesem Jahr hat die Polizei bis August schon 12.500 Strafdelikte „mit politisch rechts motiviertem Hintergrund“ registriert, darunter – so teilt es das Bundesinnenministerium auf eine Kleine Anfrage von Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) und ihrer Fraktion mit – 542 Gewalttaten. Mindestens 250 Menschen wurden dabei verletzt.

Todesopfer gab es offiziell bisher keine, weil der Mann, der den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke erschossen haben soll, sein Geständnis zurückgezogen hat. Die Statistik berichtet von 3686 Tatverdächtigen, von denen allerdings nur 40 fest- und nur vier in Untersuchungshaft genommen wurden. Das wird seine guten rechtstaatlichen Gründe haben. Aber es zeigt einmal mehr, dass der permanente Abwehrkampf gegen den „politisch rechts motivierten Hintergrund“ nicht allein mit Polizei und Gerichten zu gewinnen ist.

Philipp Amthor im Porträt

Die Zukunft der CDU – nein, reden wir nicht schon wieder von Kanzlerkandidaten und solchen, die es werden wollen könnten. Schauen wir lieber etwas genauer auf einen, der vielleicht in der übernächsten Staffel zu diesem Kreis gehört. Philipp Amthor hat es mit seinen 26 Jahren zu beachtlichem Kultstatus gebracht, was er seiner Redegewandtheit ebenso verdankt wie seinem gepflegt onkelhaften Äußeren.

Beides funktioniert, wie man heutzutage sagt, sowohl in Berlin-Mitte, das ja mit Freaks traditionell wenig Probleme hat, als auch auf dem plattesten mecklenburgisch-vorpommerschen Land. Das hat meine Kollegin Katja Demirci dann doch erstaunt, die Amthor ein paar Wochen lang für ein Porträt auf unserer Seite Drei beobachtet hat. Sie stellt sich seither die Frage: Sieht so die Zukunft der CDU aus – irgendwo zwischen kurios, konservativ und kalkuliert?

Glaubenskrieg bei den Grünen

Bleibt noch von einem Glaubenskrieg zu berichten, der den Grünen auf ihrem Parteitag im November die Feierlaune vermiesen könnte. Es geht um die Homöopathie. Ein Basis-Grüner aus Berlin hat beantragt, den Krankenkassen die Kostenerstattung für das alternative Heilverfahren zu untersagen. Die Globuli-Behandlung sei – wir sagen das jetzt mal mit unseren Worten – reiner Hokuspokus.

Die Grünen hingegen seien eine Partei, die wissenschaftliche Fakten hoch hielten. Also: Schluss mit den Kassenzuschüssen in zweistelliger Millionenhöhe. Das Problem ist allerdings nicht nur, dass selbst der an sich streitlustige Gesundheitsminister Jens Spahn sich nicht getraut hat, die große Gemeinde der Homöo-Gläubigen zu verprellen. Auch die Selbstbeschreibung der Grünen in dem Antrag ist unvollständig: So viele Anhänger sibirischer Schamanen-Riten und afrikanischer Wundermedizinen wie in der angeblichen Partei der Wissenschaft finden sich so leicht nirgendwo.

Wobei, um die Verwirrung vollständig zu machen: Der Placebo-Effekt (wissenschaftlich für: Hokuspokus) funktioniert prächtig – Ihr Morgenlage-Autor könnte da aus seiner kurzzeitigen Karriere als Krankenpflegehelfer einige Beispiele beisteuern, welche Wunder wissenschaftlich völlig wirkungslose Kalktabletten wirken können. Man sollte nur wissen, ab wann es unverantwortlich wird, auf die heilende Kraft der Einbildung zu setzen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false