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Außenminister Heiko Maas (SPD) brachte als einer der ersten eine SPD-Doppelspitze ins Spiel.

© Bernd Thissen/dpa

Die Morgenlage aus der Hauptstadt: Läuft sich Heiko Maas für den SPD-Vorsitz warm?

Heiko Maas könnte sich bald aus der Deckung wagen. Verkehrsminister Scheuer droht ein Untersuchungsausschuss. Unser Nachrichtenüberblick am Morgen.

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Worüber spricht Berlin? Den drohenden Untersuchungsausschuss für Verkehrsminister Scheuer in Sachen Maut. Der ist laut Grünen-Haushaltspolitiker Kindler auch nach den Ausschusssitzungen am Mittwoch nicht vom Tisch. Scheuer habe viele Fragen etwa zu den drohenden Entschädigungszahlungen nicht beantwortet. Ein Untersuchungsausschuss stehe im Raum, wenn „Scheuer weiter mauert und nicht volle Transparenz herstellt“.

Auch nach Einschätzung meiner Kollegen von Tagesspiegel Background konnte Scheuer keine befriedigende Antwort darauf geben, warum er die milliardenschweren Verträge mit den Betreiberfirmen trotz aller Bedenken bereits im Oktober abschloss. Wenn sich Grüne mit Linken und FDP zusammentun, wäre ein U-Ausschuss drin – das haben die drei Fraktionen schon in der Berateraffäre des Verteidigungsministeriums gezeigt. Dann würde es für Scheuer noch ungemütlicher als bisher.

Wer macht auf sich aufmerksam? Außenminister Heiko Maas. Der hatte angesichts des Mordes an Walter Lübcke angeregt, es müsse nicht nur „Fridays for Future“ geben, sondern auch einen „Donnerstag der Demokratie“ gegen Rechtsextremismus. Heute geht es los: Maas lädt unter #DonnerstagDerDemokratie überparteilich zum Twittern ein. In der SPD finden das viele gut, der Philosoph Philipp Ruch vom „Zentrum für politische Schönheit“ hält es für dagegen für hochproblematisch, wenn ein Regierungsmitglied die Bevölkerung zu Protesten aufruft.

In der SPD verstärkt sich angesichts von Maas‘ erhöhter Präsenz der Eindruck, dass sich der Saarländer für die Kandidatur für den SPD-Vorsitz warmläuft. Er war ja auch einer der ersten, der eine Doppelspitze ins Spiel brachte. Da scheint es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich Maas aus der Deckung wagt. In der SPD-Fraktion erfreut sich der kommissarische Vorsitzende Mützenich unterdessen großer Beliebtheit.

Beim Sommerfest der Parlamentarischen Linken gab es zu seinem 60. Geburtstag Standing Ovations und einen „Mütze macht’s“-Kaffeebecher als Geschenk. Flügelübergreifend wird ihm gute Arbeit bescheinigt. Nach der Sommerpause will er entscheiden, ob er sich für den regulären Fraktionsvorsitz bewirbt. Falls ja, wird es für andere Bewerber sehr, sehr schwer.

Was sorgt für Kritik? Die Pläne der Bundesregierung, heute noch die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts durchs Parlament zu bringen. Die Hürden, Deutscher zu werden, sollen erhöht werden. Künftig soll von jedem die „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ gefordert werden. Nach Meinung einiger Sachverständiger werde damit ein Gummiparagraf geschaffen, der „zusätzlichen Anforderungen Tor und Tür“ öffne.

Filiz Polat, die Migrationsfachfrau der Grünen im Bundestag, sagt: „Wir erleben diese Woche die Wiederkehr des Geistes des alten Staatsangehörigkeitsrechts.“ Das hatte die rot-grüne Regierung Schröder 2000 grundlegend reformiert – gegen Widerstand der Union. Jetzt kommt offenbar der Rollback.

Was bringt der Tag? Kurz vor der parlamentarischen Sommerpause wird es heute noch einmal turbulent. Im Bundestag debattieren die Abgeordneten in der aktuellen Stunde zu Rechtsextremismus. Bundesinnenminister Seehofer stellt den Verfassungsschutzbericht vor – laut „Welt“ ist darin von 24.100 Rechtsextremisten die Rede. Und die AfD will endlich ihre Kandidatin Nicole Höchst ins Kuratorium der „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ wählen lassen.

Der Bundestag hat Höchst aber schon fünf Mal als Kuratoriumsmitglied für die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld abgelehnt, die sich gegen die Diskriminierung von queeren Menschen einsetzt. Vergangenes Jahr sorgte Höchst für einen Aufschrei, weil sie in einer kleinen Anfrage Migration und Inzest miteinander in Verbindung brachte.

Für die Mahnmal-Stiftung wird Höchst jetzt wohl wieder die Mehrheit verpassen. Politiker wie der SPD-Mann Karamba Diaby sagen schon länger: Man könne von der AfD niemanden in das Gremium wählen, wenn Mitglieder das Holocaust-Mahnmal als Denkmal der Schande bezeichneten. An diesem Urteil wird sich wohl so schnell nichts ändern.

Wer feiert? Johannes Laitenberger wird heute 55. Er war Kabinettschef von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und ist aktuell Generaldirektor Wettbewerb bei der Europäischen Kommission in Brüssel. Das politische Erweckungserlebnis war für ihn der Übergang Portugals von der Diktatur zur Demokratie und die Öffnung nach Europa, den er als Jugendlicher ab 1974 miterleben durfte. Daran schloss sich später die Öffnung des Eisernen Vorhangs und der Fall der Mauer an. „Ich denke oft an ein Plakat aus den 80er Jahren, das Europa vom Himmel aus zeigt und die Titelzeile „Es liegt Freiheit in der Luft“ trägt.“

In seiner Arbeit „ragt derzeit sicherlich die Sicherung der Marktwirtschaft im Zeitalter der Digitalisierung hervor. Auch dort, wo Plattformen und Big Data marktmächtig sind, müssen Märkte bestreitbar bleiben“. Europa ist für ihn, wie es Vaclav Havel formuliert hat: das Vaterland unserer Vaterländer. Heimat ist für ihn mit seiner Vita vielschichtig. „In Hamburg; dort, wo ich meine Jugend verbracht habe – in Lissabon; dort, wo ich geheiratet und Kinder bekommen habe und wir als Familie gelebt haben – in Bonn und Brüssel.“

Entsprechend polyglott ist auch die Liste der Lieblingsspeisen: „In Deutschland kann ich nicht an Butterbrezeln und Maultaschen aus der württembergischen Heimat meiner Eltern vorbeigehen. In Portugal muss ich „Bacalhau à Braz“, ein Gericht aus Stockfisch, Pailettenkartoffeln und Ei essen. Und in Brüssel immer wieder Pommes Frites.“

Und wer feierst sonst noch in der Politik? Siegfried Borgwardt (62, CDU, LT Sachsen-Anhalt), Bettina Fortunato (62, Linke, LT Brandenburg), Katja Pähle (42, SPD, LT Sachsen-Anhalt)

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