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Katarina Bachwalowa (rechts) und Darja Tschulzowa sind zu zwei Jahren Haft im Straflager verurteilt worden.

© AFP

Die Opposition von Belarus muss eine Niederlage eingestehen: Lukaschenko schlägt zurück

Selbstgefällig fährt Machthaber Lukaschenko zum Treffen mit Wladimir Putin in Sotschi. Repressionen und russische Milliarden sichern ihm die Macht.

Wieder sind es mutige junge Frauen, die im Widerstandes gegen den belarusischen Machthaber Alexander Lukaschenko von sich Reden machen. Diesmal jedoch demonstrieren sie nicht ihre Unerschrockenheit auf den Straßen, wie in den zurückliegenden sechs Monaten der Proteste. Jetzt führt der Diktator in Minsk ihre Verletzbarkeit vor. Ende der vergangenen Woche sind die Journalistinnen Katarina Bachwalowa und Darja Tschulzowa in einem Schauprozess verurteilt worden.

Sie hatten im November unter dem Titel „Plätze der Veränderung“ eine Protestdemonstration im Netz gestreamt. Das mobile Internet hatte die Staatsmacht vorsorglich abgeschaltet, damit keine Livebilder des brutalen Polizeieinsatzes online gehen sollten. Doch die beiden Frauen machten die Aufnahmen aus dem Fenster eines Hauses heraus. Dafür erhielten sie jetzt zwei Jahre Lagerhaft.

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Fast 2000 Strafverfahren hat es in den letzten Monaten gegen Belarusen gegeben, die es wagten, sich für ein Ende der 26-jährigen Herrschaft Lukaschenkos einzusetzen. Dessen Reaktion: brutale Härte. Jetzt versucht er es zusätzlich mit der Inszenierung von „Normalität“, besuchte Vorzeigebetriebe und das größte Theater der Hauptstadt.

Lukaschenko zelebriert einen Sieg über die Opposition, auch um den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu beeindrucken, den er an diesem Montag in dessen Residenz in Sotschi trifft. Nach Medienberichten ist er bereits am Freitag abgeflogen – der mehrtägigen Quarantäne wegen, die alle absolvieren müssen, bevor sie zu Putin vorgelassen werden. Russische Zeitungen berichteten mehrfach, dass der russische Präsident wegen Corona schon seit Monaten bis auf wenige Ausnahmen faktisch von der Außenwelt abgeschirmt wird.

Ratschläge an Putin

Lukaschenko verteilte vor dem Abflug noch vollmundig gute Ratschläge an den großen Nachbarn. Belarus und Russland müssten Sanktionen nicht fürchten, verkündete er. Beide Länder seien vollständig zur Selbstversorgung in der Lage. Dafür genüge es, das die Marktwirtschaft sein zu lassen und zur Planwirtschaft zurückzukehren. Dieses Modell werde in drei bis fünf Jahren so erfolgreich sein, dass sich auch Kasachstan und die Ukraine der russisch-belarusischen Allianz anschließen, meint Lukaschenko.

Im September hat Lukaschenko Aufträge von Putin bekommen.
Im September hat Lukaschenko Aufträge von Putin bekommen.

© imago images/Russian Look

Putins Sprecher Dmitri Peskow antwortete hintergründig auf die Idee mit der Planwirtschaft. Es komme darauf an, ob man die Auferstehung der sowjetischen Staatsplan-Behörde Gosplan meine, sagte er, oder ob man unter Planwirtschaft die Realisierung geplanter Projekte verstehe. Das ist eine Anspielung auf die Hausaufgaben, die Putin beim letzten Treffen der beiden Machthaber seinem Kollegen aufgegeben hatte. Damals, Mitten in der Protestwelle, hatte Lukaschenko einen Kredit von 1,5 Milliarden Euro erhalten, mit der Maßgabe eine Verfassungsreform auf den Weg zu bringen und seinen Abgang von der politischen Bühne vorzubereiten.

Bedingungen für einen Rücktritt

Den ersten Teil der Aufgabe ist Lukaschenko inzwischen angegangen. Aufgezogen wie weiland die Parteitage der Kommunistischen Partei traf sich kürzlich eine verfassunggebende Versammlung. 2700 handverlesene „Delegierte“ durften einer fast vierstündigen Rede Lukaschenkos lauschen. Die Kurzfassung: Das Land habe einen „Blitzkrieg“ vom Ausland gesteuerter Provokateure abgewehrt. Für seine Abdankungen gebe es Bedingungen. Im Land dürfe es keine Unruhe geben und seinen Mitstreitern dürfe „kein Haar gekrümmt werden“. Im nächsten Jahr soll es eine neue Verfassung geben. Ob das der Tag ist, an dem er seine „Präsidentschaft“ aufgibt, ließ Lukaschenko offen.

Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja scheint indessen zu resignieren. „Ich muss zugeben, wir haben die Straße verloren“, sagte sie in einem Interview mit der Schweizer Zeitung „Le Temps“. „Wir haben nicht die Mittel, um der Gewalt des Regimes gegen die Demonstranten etwas entgegenzusetzen.“ Tichanowskaja durchlebt derzeit eine Situation, in Exilpolitiker oftmals geraten. Ihre Popularität in Belarus sinkt, hat eine Untersuchung des britischen Thinktanks Chatham House hat ergeben. In der Oppositionsbewegung zeigen sich Risse, während es Lukaschenko bisher gelungen ist, seine Machtelite zusammenzuhalten. Nicht zuletzt wegen der russischen Finanzhilfen. In Sotschi soll er weitere drei Milliarden Euro erhalten, heißt es.

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