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Politik: Die Partei schwankt zwischen Offenheit und Härte - Kampfabstimmung soll jeodch vermieden werden

Joschka Fischer und Jürgen Trittin, die grüne Doppelspitze im Kabinett, zieht ausnahmsweise an einem Strang. Kerstin Müller und Rezzo Schlauch, die Doppelspitze im Bundestag, zieht auch; aber noch ist der Bewegungsablauf nicht völlig koordiniert.

Joschka Fischer und Jürgen Trittin, die grüne Doppelspitze im Kabinett, zieht ausnahmsweise an einem Strang. Kerstin Müller und Rezzo Schlauch, die Doppelspitze im Bundestag, zieht auch; aber noch ist der Bewegungsablauf nicht völlig koordiniert. Einig sind die Linke und der Realo immerhin darin: In der Fraktion soll es am heutigen Dienstag möglichst keine Kampfabstimmung über den Atomausstieg geben. Deshalb werden die Einigungsbemühungen über die Frage wahrscheinlich bis kurz vor Sitzungsbeginn gehen, welche Resolution den beiden "Chefunterhändlern" Fischer und Trittin für die Gespräche mit SPD und Atomindustrie auf den Weg gegeben werden soll.

Zweimal haben sich die Abgeordneten nach jeweils nur kurzen Sitzungen bereits vertagt. Das soll nicht noch einmal geschehen. Noch in dieser Woche wollen der Umweltminister (zuständigkeitshalber) und der Außenminister (Sonderstellungshalber) in einer Spitzenrunde mit Bundeskanzler Gerhard Schröder und Wirtschaftsminister Werner Müller die koalitionäre Verhandlungsstrategie für die "Konsensgespräche" mit der Industrie über den Ausstieg aus der Atomenergie festlegen. Noch immer umstritten sind eine inhaltliche und eine taktische Frage.

Zum einen geht es um die magische Zahl 30. Eine Staatssekretärsrunde aus den beiden beteiligten Ministerien Wirtschaft und Umwelt sowie den "Verfassungsressorts" Justiz und Innen war zu dem Schluss gekommen, dass diese Laufzeit für Reaktoren nicht unterschritten werden darf, will die Regierung keine Verfassungsklage wegen eines Eingriffs in das Eigentumsrecht riskieren. Kerstin Müller und etliche Linke, aber auch Realos sagen: Weniger geht auch. 20 der 47 grünen Bundestagsabgeordneten hatten eine entsprechende Resolution unterschrieben - eine Minderheit, aber zu viele, um eine überzeugende Mehrheit übrig zu lassen.

Frage Nr. 2 lautet: Soll man die magische 30, beziehungsweise die Forderung, dass es weniger werden sollen, laut aussprechen. Nein, sagen Fischer und Trittin, die damit operieren müssten. Nein, sagen Rezzo Schlauch und inzwischen auch die linke Bundesvorstandsprecherin Antje Radke. Ja, sagen Kerstin Müller und andere Vertreter dieses Flügels. Sie meinen nicht bloß, dass nur eine harte Ausgangsposition für die Verhandlungen erfolgversprechend sei. Sie finden auch nicht anderes der grünen Basis vermittelbar. Dafür scheinen Resolutionen in etlichen Landesverbänden zu sprechen. Die Befürworter einer offiziell offenen Position argumentieren: Mit zu klaren Ausgangsdaten organisieren man sich nur Niederlagen. Außerdem hänge es nicht nur an an den Laufzeiten, ob ein Kompromiss tragbar sei, sondern auch an vielen anderen Punkten - Atomtransporten, Zwischenlagerung, der Zahl der in dieser Wahlperiode abgeschalteten Atommeiler undsoweiter.

Im Bundesvorstand zogen am Montag nachmittag die Linke Radke und Bundesgeschäftsführer Rainhard Bütikofer (Realo) in diesem Sine an einem Strang. Im Bundestag beriet zeitgleich der Fraktionsvorstand. Vorher und nachher gab es zahlreiche Treffen und Telefonate. Beide Seiten versuchten, ihre Bataillone zu stärken. Parallel bemühten Müller und Schlauch sich persönlich und über ihre Mitarbeiter um einen Kompromiss zwischen ihren beiden Positionspapieren. Gepokert wurde bis zum Schluss.

Thomas Kröter

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