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Martin Sonneborn

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"Die Partei" und ihre Rotationspläne im Europaparlament: Martin Sonneborn und sein grüner Fan

Der ins Europaparlament gewählte Satiriker Martin Sonneborn hat für seine Truppe ein "ausgeklügeltes" Rotationsverfahren angekündigt. Der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold fordert ihn auf, fünf Jahre in Brüssel zu bleiben.

Von Matthias Meisner

Der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold wünscht sich, dass der Satiriker Martin Sonneborn die volle Legislaturperiode im Europaparlament bleibt. Giegold reagierte damit auf die Ankündigung von Sonneborn, nach einem "ausgeklügelten Rücktritts- und Rotationsverfahren" bereits nach einem Monat zurückzutreten und im monatlichen Wechsel neue Leute von der Die-Partei-Liste nach Brüssel zu schicken, die dort "einen schönen Urlaubsmonat" machen könnten.

Giegold sagte am Montag dem Tagesspiegel: "Ich freue mich auf Martin Sonneborn. Noch schöner wäre es, wenn Herr Sonneborn das ganze Mandat machen würde. Dafür ist er auch gewählt worden." Der Grünen-Politiker versicherte, er sei "Fan" von Martin Sonneborn. "Ich finde ihn großartig und lasse nichts von dem aus, was er macht."

Giegold hatte vergangene Woche an den Generalsekretär des Europäischen Parlaments, Klaus Welle, geschrieben und um eine "intensive Prüfung" der Frage gebeten, ob das von Sonneborn angekündigte Rotationsverfahren umzusetzen ist. "Ich zweifle an der Rechtsgrundlage für seinen Plan, insgesamt 60 Kandidaten seiner Liste durchs Europaparlament rotieren zu lassen", erklärte Giegold. "Gerade weil ich seine Arbeit als Comedian außerordentlich schätze, bitte ich Sie hiermit förmlich, die Verschwendung von Steuergeldern zu verhindern und dafür alle rechtlichen Möglichkeiten vollständig zu nutzen", heißt es in dem Brief an Welle.

Sven Giegold beim Europawahlkampf-Finale in Berlin
Sven Giegold beim Europawahlkampf-Finale in Berlin

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Eine Meldung des "Spiegel", wonach Giegold verhindern wolle, dass Sonneborn und seine Spaßpartei Die Partei ins EU-Parlament einzieht, wurde von dem Grünen-Politiker dementiert. Auf seiner Onlineseite korrigierte das Nachrichtenmagazin anschließend seinen Bericht. Die Meldung sei "verkürzt und missverständlich" gewesen, erklärte die Redaktion.

Giegold sieht sich Shitstorm ausgesetzt

Giegold sah sich wegen der "Spiegel"-Meldung einem Shitstorm ausgesetzt. Im Netz gab es zahlreiche hämische Kommentare. Der Berliner Pirat Christopher Lauer schrieb auf Twitter: "Schon bemerkenswert, dass der @sven_giegold ein Problem mit einem Sitz für Die Partei hat, aber AfD im Parlament scheint okay zu sein." Die thüringische Linken-Abgeordnete Katharina König lästerte über "spaßbefreite Grüne". Der stellvertretende Juso-Bundesvorsitzende Moritz Deutschmann twitterte: "Regt euch nicht über Giegold oder Sonneborn auf, sondern über die schlechte Wahlbeteiligung auf, die das ermöglicht hat. Da müssen wir ran."

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Auch Sonneborn selbst schaltete sich via Twitter in die Diskussion ein. "Hahaha, Giegold, dass die Grünen Probleme mit dem Rotationsprinzip haben, ist keine Überraschung... Smiley!", schrieb er in dem Kurznachrichtendienst. Ähnliche Kritik an dem von Die Partei angekündigten Rotationsverfahren hatten unter anderem die CDU-Europaabgeordnete Inge Gräßle und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier geäußert. Gräßle erklärte: "Satire lebt von Witz und Tiefgang und nicht von billigen Gags und Halbwahrheiten. Sonst sinkt der Satiredampfer." Steinmeier hatte als Konsequenz aus dem Erfolg vieler Splitterparteien bei der Europawahl ein europäisches Wahlgesetz mit Sperrklausel angeregt. Der "FAZ" sagte er, Parteien, die es sich leisteten, sich einen Tag nach der Wahl publikumswirksam zurückzuziehen, "leisten keinen Beitrag zur Demokratie, eher das Gegenteil".

Gysi trifft Sonneborn und Piratin Julia Reda

Derweil plant der Linken-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Gregor Gysi, ein Gespräch mit Sonneborn und der Piratin Julia Reda, die am vorvergangenen Sonntag als einzige Vertreterin ihrer Partei ins Europaparlament gewählt worden war. Es soll am kommenden Freitag um 12.15 Uhr in Gysis Büro im Bundestag stattfinden, wie ein Sprecher der Linksfraktion auf Anfrage bestätigte. Gysi hatte die Verabredung mit Sonneborn und Reda via Twitter eingefädelt. ".@Senficon @MartinSonneborn Vielleicht haben Sie Lust, mit mir über die Herausforderungen an Abgeordnete zu sprechen. Ich täte es gern", schrieb Gysi - und bekam rasche Zusagen von beiden.

Gysi und Sonneborn waren sich im vergangenen Spätsommer bereits bei einem Thekengespräch in einer Berliner Kneipe begegnet. Damals blätterte Gysi durch das Wahlprogramm von Die Partei. "Und damit hat der Bundeswahlleiter Sie zugelassen?"

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