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Politik: Die Perser jubeln nicht

Viele Fernsehstationen in der Region strahlen die Szenen von der Begrüßung der US-Truppen zunächst nicht aus

Offiziell hielten sich die arabischen Führer am Mittwoch zu den Ereignissen in Bagdad zurück, wo eine jubelnde Menschenmenge auf der gestürzten Statue ihres Amtskollegen Saddam Hussein herumsprang. Niemand – außer vielleicht einigen Palästinensern, die von ihm finanzielle Hilfe erhielten – liebte den brutalen Diktator am Tigris. Doch die Hoffnung auf Freiheit, die sein Untergang unter den 22 Millionen Irakern weckte, teilen nur wenige.

Einzig in Kuwait, das Saddams Aggressionen im Jahr 1991 beinahe mit seinem Untergang bezahlen musste, kam es am Mittwoch zu Freudenkundgebungen. In Jordanien, Syrien und Ägypten zeigten sich die Menschen in ersten Reaktionen verwirrt. Viele machten aus ihrem Unbehagen keinen Hehl – aus einer tief sitzenden Angst, die einzige Supermacht dieser Welt könnte nun den Menschen in dieser Region noch mehr als zuvor ihren Willen aufzwingen, und zwar im Sinne Israels und auf Kosten der Araber.

Die offiziellen Fernsehanstalten zahlreicher arabischer Länder sendeten im Laufe des Tages zunächst keine Bilder von den jubelnden Bewohnern der irakischen Hauptstadt. Auch das staatliche Fernsehen des Iran, das sich acht Jahre lang in einem blutigen Krieg gegen Saddam befunden hatte, zeigte erst gegen Abend nach massivem Druck von Zuschauern die ersten Bilder von Freudenkundgebungen in Bagdad. Die iranische Regierung hatte zu Beginn des Irak-Krieges eine vernichtende Niederlage für die alliierten Streitkräfte vorhergesagt. Nun betonte Parlamentspräsident Mehdi Kharrubi, die Besetzung Bagdads sei kein Sieg der USA. Dem Nachbarland stünde vielmehr eine düstere Zukunft bevor. Und Kharrubi, der auch die Funktion eines Beraters für Präsident Mohammed Khatami ausübt, drängte Washington, die politische Macht so rasch wie möglich an das irakische Volk abzugeben. Andernfalls hätten die USA mit großen Problemen zu kämpfen. Zugleich sprach Außenminister Kamal Charrasi die Hoffnung aus, dass die im Iran stationierte schiitische Oppositionsgruppe „Hoher Rat für die Islamische Revolution im Irak" (SCIRI) eine wichtige Rolle in der zukünftigen Regierung in Bagdad spielen werde.

In Syrien, wo das Regime besonders lautstark seine Opposition zum Krieg gegen den Nachbarn bekundet hatte, fühlten sich viele am Mittwoch in der Angst bestärkt, ihr Land könnte das nächste sein, das die Amerikaner ins Visier nehmen würden. Kaum war Saddams Statue im Bagdader Stadtzentrum gestürzt, gab der Staatssekretär im US-Außenministerium John Bolton, die Mahnung an Syrien aus, die „neuen Möglichkeiten" für Frieden in der Region zu nutzen.

Birgit Cerha[Beirut]

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