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Südafrikas Präsident Jacob Zuma kommt angesichts der Vielzahl seiner Korruptionsaffären kaum noch zum Regieren. Aber für die Eröffnungsrede beim Weltwirtschaftsforum in Kapstadt hat es dann doch noch gereicht.

© Surnaya Hisham/Reuters

Die politische Krise in Südafrika: Land ohne Führung

Nach Mandela hat der Niedergang Südafrikas begonnen. Jetzt geht sogar das Licht aus. Ein Kommentar aus einem ratlosen Land.

Ein Kommentar von Wolfgang Drechsler

Südafrika kann sich glücklich schätzen, dass es so dramatische Ereignisse wie das Erdbeben in Nepal oder das Flüchtlingsdrama im Mittelmeer gibt, die den Westen derzeit mehr beschäftigen als der schleichende Niedergang des einstigen afrikanischen Hoffnungsträgers. Längst ist die weltweite Bewunderung für das friedliche Ende der Apartheid und die von Nelson Mandela eingeschlagene Versöhnungspolitik tiefer Ernüchterung über den Werdegang des Landes gewichen. Fassungslos schaut die Welt auf die neuerlichen Gewaltexzesse gegen afrikanische Zuwanderer in den Townships um Durban und Johannesburg. Die jahrelang vom Westen bewunderte und gepriesene Rassenharmonie hat sich als trügerischer Versöhnungskitsch entpuppt.

Dass es so weit kommen konnte, liegt nicht zuletzt daran, dass die vermeintliche Regenbogennation lange Zeit nichts falsch machen konnte. Weil der Westen unbedingt eine afrikanische Erfolgsgeschichte sehen wollte, übersah er geflissentlich alle Warnsignale und ignorierte das immer selbstherrlichere Vorgehen des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), der früheren Widerstandsbewegung. Fast über Nacht wird nun deutlich, auf welch dünnem Fundament die junge Demokratie am Kap ruht – eine Erkenntnis, die zunächst die Lichtgestalt Nelson Mandelas und dann ein Rohstoffboom verdeckt hatten.

Wenn Optimismus ins Apokalyptische umschlägt

Zum 21. Geburtstag des neuen, angeblich farbenblinden Südafrika hat nun ein geballter Mix schlechter Nachrichten den naiven Optimismus in einen bisweilen fast apokalyptischen Pessimismus verkehrt. Neben dem Fremdenhass beunruhigt vor allem die verheerende Führung des Landes unter dem von Korruptionsvorwürfen belasteten Präsidenten Jacob Zuma. Während sich sein ANC in immer neuen Grabenkämpfen erschöpft, treibt das Land seit Jahren richtungslos dahin. Inzwischen ist das Wachstum auf unter zwei Prozent abgesackt – und die Schuldenlast dramatisch gestiegen. Dabei bräuchte das Land eigentlich Zuwachsraten von sieben Prozent, um seine hohe Armut und vor allem die Jugendarbeitslosigkeit von über 50 Prozent zumindest ansatzweise zu reduzieren.

Die Energiekrise bremst die Wirtschaft

Verschärft wird die Verunsicherung durch eine schwere Energiekrise, die Südafrikas schleichenden Niedergang mehr als alles andere verdeutlicht und jeder wirtschaftlichen Erholung enge Fesseln anlegt. Abgesehen von der hohen Kriminalitätsrate hat die Menschen am Kap zuletzt nichts mehr demoralisiert als die chronischen Stromausfälle, die man anders als im übrigen Kontinent bisher nicht kannte.

Der Präsident schwächt die Institutionen

Um eine Anklage gegen ihn wegen Korruption zu verhindern, hat Staatschef Zuma die Strafverfolgungsbehörden am Kap, aber auch viele andere staatliche Institutionen in den vergangenen Jahren systematisch unterhöhlt. Gerade die Verwaltung, aber auch die Polizei, deren Einsatz im Kampf gegen das Verbrechen zunehmend hilflos wirkt, zahlen darüber hinaus den Preis für den überstürzten Umbau der Gesellschaft. Das fast besessene Streben des ANC nach einem Rassenproporz hat alle wichtige Institutionen des Staates nachhaltig geschwächt.

Die Hautfarbe entscheidet

Sichtbar wird dieser Verfall nun aber vor allem im staatlichen Strommonopolisten Eskom, wo jahrelang verdiente ANC-Kader mit hoch dotierten Posten versorgt und weiße Techniker zeitgleich entlassen wurden. Immer häufiger sind nicht mehr individuelle Fähigkeiten, sondern allein die (schwarze) Hautfarbe für die Vergabe eines Postens von Bedeutung. Der renommierte Journalist Max du Preez hat den Präsidenten mit einer „Abrissbirne“ verglichen und befürchtet, dass die von Zuma angerichteten Schäden das Land um Jahre zurückwerfen könnten.

Kein zweiter Mandela in Sicht

Angesichts der beispiellosen Apathie der Regierung gegenüber allen drängenden Fragen ist in der Tat kaum damit zu rechnen, dass sich auf absehbare Zeit viel ändert. Vielleicht rütteln jedoch die schweren Rückschläge zu Jahresbeginn die Regierung in letzter Minute doch noch wach. Leicht wird die Wende nicht werden. Denn ein zweiter Mandela ist nirgendwo in Sicht.

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