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Politik: Die Ränder wollen in die Mitte

In der Politik, hat Gianfranco Fini mal gesagt, müsse man vor allem psychologisch raffiniert vorgehen und seine Freunde immer wieder überraschen. Dass er das kann, hat der Sekretär der Partei Alleanza Nazionale (AN) schon mehrfach bewiesen.

In der Politik, hat Gianfranco Fini mal gesagt, müsse man vor allem psychologisch raffiniert vorgehen und seine Freunde immer wieder überraschen. Dass er das kann, hat der Sekretär der Partei Alleanza Nazionale (AN) schon mehrfach bewiesen. Am 22. Januar 1994 hob Fini vollkommen unerwartet für die italienische Öffentlichkeit und weite Kreise innerhalb seiner eigenen Partei die AN aus der Taufe. Mit einem Schlag wurde aus der neofaschistischen Partei MSI nach dem Willen ihres Parteisekretärs eine, so seine Worte von damals, "gaullistische und demokratische Rechtspartei". Ein Jahr später strich er das noch im Parteisymbol auftauchende MSI und provozierte die Spaltung der Ewiggestrigen, die sich unter Pino Rauti zu einer neuen neofaschistischen Partei zusammenschlossen. Seitdem gibt Fini sich als Freund der Juden und bereute mehrfach die Schrecken des Faschismus.

Jetzt findet in Bologna ein neuer historischer Parteikongress der AN statt. Die Partei ist heute die zweitstärkste im regierenden Mitte-Rechts-Bündnis, Fini stellvertretender Ministerpräsident. Bei den Wahlen 2001 stimmten zwölf Prozent der Italiener für die AN. Man könnte zufrieden sein und den Parteitag ruhig angehen, aber, so Francesco Storace, Regionalpräsident von Latium und neben Fini der einflussreichste Mann bei AN, "es gibt viel zu disktutieren, vor allem was unsere Richtung und Zukunft angeht". Storace kritisiert, dass Fini die AN auf proeuropäischen Kurs bringen und von der neofaschistischen Vergangenheit nichts mehr wissen will. Er ist davon überzeugt, dass die alte Partei MSI, die sich "Italienische Sozialbewegung" nannte, vor allem in der Sozialpolitik einiges zu bieten hatte. Dass Fini sich immer öfter wie Regierungschef Berlusconi für Einsparungen in der Sozialpolitik und für, so Storace, "die Verwässerung des Kündigungsschutzes" ausspricht, wird vom ultrarechten Flügel der Partei heftig kritisiert. Ebenso, dass Fini den Duce Mussolini nicht mehr, wie er es noch vor Jahren tat, als "großen Protagonisten" lobt. Fini muss nun auf dem bis Sonntag dauernden Parteitag den rebellischen rechten Flügel wieder auf Linie bringen.

Auch Fausto Bertinotti hofft, dass seine Partei einen von ihm propagierten radikalen Wechsel mitmachen wird. In Rimini tagt bis Sonntag der Kongress der Rifondazione Comunista, der altkommunistischen Partei. Wetterte Parteisekretär Bertinotti noch bis vor kurzem gegen eine Beteiligung an der Mitte-Links-Opposition, so strebt er angesichts der Kommunalwahlen im Mai doch ein Wahlbündnis mit den verhassten "Softlinken" an, wie er sie früher abfällig nannte. Bertinotti wird ebenfalls bis Sonntag alle Hände voll zu tun haben, um seine Partei auf den neuen Kurs einzuschwören.

Thomas Migge

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