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Politik: Die Rentenreform wackelt

Einige SPD-Abgeordnete wollen das Mindestniveau auf 46 Prozent erhöhen – gegen den Willen der Fraktionsspitze

Berlin (ddp/dpa). Die Höhe des zwischen SPD und Grünen ausgehandelten Mindestniveaus in der gesetzlichen Rentenversicherung stößt auf Widerstand. Nach Darstellung des Magazins „Focus“ hat die rotgrüne Koalition derzeit keine eigene Mehrheit, um das Rentenreform-Gesetz am Donnerstag im Parlament zu beschließen. Mindestens sieben Abgeordnete der SPD wollten mit Nein stimmen, sollte die Regierung Korrekturen am Gesetzentwurf weiterhin ablehnen, berichtet das Blatt. Der linke SPD-Abgeordnete Horst Schmidbauer kündigte an, in der Fraktionssitzung am Dienstag mit anderen Abgeordneten – unter ihnen der Gesundheitsexperte Klaus Kirschner – einen Änderungsantrag vorlegen zu wollen, der eine Mindestgrenze von 46 Prozent im Jahr 2030 vorsieht. Ursprünglich sind bis 2030 nur 43 Prozent des bereinigten Bruttolohns als Untergrenze vorgesehen.

SPD-Fraktionsvize Gudrun Schaich-Walch warnte dagegen davor, das Mindestniveau zu hoch anzusetzen. Wenn man die Grenze langfristig bei 46 Prozent ansiedle, müssten die Beiträge steigen, sagte sie. Dies könne nach den ganzen Kraftanstrengungen zur Beitragssicherung in jüngster Zeit „niemand wollen“. Schaich-Walch verwies auf einen entstehenden finanziellen Mehrbedarf von 16 Milliarden Euro. Auch Bundessozialministerin Ulla Schmidt (SPD) hatte ihre Partei davor gewarnt, die geplante Mindestsicherung bei mehr als 43 Prozent anzusetzen. SPD-Fraktionschef Franz Müntefering sagte, man dürfe der Prozentzahl kein zu hohes Gewicht beimessen. „Die Zahl allein sagt nichts aus“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. Entscheidend sei, wie hoch der Wohlstand in 20 oder 30 Jahren sei. Bei einer guten Wirtschaftslage könnten „43 Prozent mehr sein als 46 Prozent bei einer schlechten“.

Schmidbauer betonte, eine Sicherungsklausel mit 43 Prozent bedeute für künftige Ruheständler ein Fünftel weniger Rente. Eine so große Lücke sei von den meisten Menschen aber unmöglich durch private Zusatzmaßnahmen auszugleichen, „da sie dafür nicht die Kraft haben“.

Der CDU-Sozialpolitiker Andreas Storm kritisierte, die Mindestgrenze sei bereits jetzt eine „wertlose Zusage“, da nicht geklärt sei, was bei einer Unterschreitung des Niveaus passieren solle. Daher werde das Mindestniveau „nicht mehr als einen Placebo-Effekt“ haben. Die im Gesetzentwurf festgeschriebenen Eckwerte seien zudem „auf Kante genäht“. Prinzipiell sei ein Mindestniveau aber „sinnvoll“, damit sich künftige Rentner an einer „Richtgröße“ orientieren könnten.

Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt lehnt das Mindestniveau von 43 Prozent ab. „Ich warne davor, ein Rentenniveau gesetzlich festzuschreiben, das später nicht mehr zu finanzieren ist“, sagte er. „Teile der SPD wollen jetzt offenbar die Reformrolle rückwärts.“ Schon der von der Regierung vorgelegte Gesetzentwurf führe bis 2030 „zu einem weiteren deutlichen Beitragssatzanstieg auf 22 Prozent und zu einer Verdoppelung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung“, sagte Hundt. Er forderte deshalb „eine deutlich weiter gehende Rentenreform“ mit einer „schrittweisen Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre und einer Reform der Hinterbliebenenversorgung“. Diese sei in der derzeitigen Form auf Dauer zu kostspielig.

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