zum Hauptinhalt
Nach der Wiederwahl: Mit dem alten und neuen Parteichef Christian Lindner geht die FDP neuen Herausforderungen entgegen.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Die Rückkehr der FDP: Da ist noch Luft nach oben

Die Abgesänge waren verfrüht - die FDP ist wieder da. Und wenn sie sich ein wenig neu erfindet und auf ihren Markenkern besinnt, kann sie wieder eine gehörige Herausforderung werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Lange nicht mehr so viel von der FDP gehört! Ist das jetzt angemessen, wird sich sofort manch einer fragen. Denn über Jahre, vor allem die Jahre der schwarz-gelben Koalition im Bund bis 2013, hat die kleine Partei doch genervt. Und zwar viele, sonst wäre sie ja nicht abgestürzt in der Wählergunst und aus dem Parlament geflogen. Da war immer dieses Großsprecherische, was nicht auch zu großen Ergebnissen führte. Sondern eher zu, sagen wir, Vier-Prozent-Lösungen. Aber noch mal: Ist es auch vor diesem Hintergrund angemessen, dass jetzt wieder mehr über die FDP geredet wird? Die Antwort ist ein eindeutiges Ja.

Sie hat es sich verdient, die Partei unter dem – immer noch – jungen Vorsitzenden Christian Lindner. Er hat die FDP in schwierigster Zeit übernommen, die Abgesänge hatten begonnen. Nach furchtbaren Ergebnissen war das kein Wunder. Von wegen 18 Prozent, wie sie mal in Knallgelb in Guido Westerwelles Schuhsohlen eingeprägt waren – in manchen Gegenden waren es 1,8 Prozent, und das Projekt Liberalismus schien endgültig in alle anderen Parteien diffundiert zu sein. Nur wie sagt der Meister der offenen Worte, der Dieter Bohlen der FDP, Wolfgang Kubicki, der auch schon einige Beben in der Parteienlandschaft überstanden hat: Die Abgesänge waren zu früh.

Zwei Schwalben, oder sollen wir sagen: zwei Möwen?, machen sicher noch keinen Sommer. Hamburg und Bremen sind aber Hinweise darauf, dass die FDP lebt. Wieder lebt. Es ist wohl so: Ihr läutet zyklisch das Totenglöcklein, ein bisschen kommen die Krisen, wie Karl Marx sie für den Kapitalismus vorhergesagt hat, und danach folgt ein neuer Aufschwung. Es gibt – um wie die Marktliberalen zu reden – eine wiederbelebte Konjunktur. Allerdings auch nur, wenn die FDP sich mal wieder ein Stück weit neu erfindet und zugleich besinnt, also der Themen entsinnt, die ihren Markenkern ausmachen. Dann kann es passieren, so wie jetzt, dass die Zahl der Mitglieder sich erholt. Was ein ganz guter Gradmesser dafür ist, dass an der Strategie etwas richtig sein muss. Lindner und Co. buchstabieren auf allen Feldern, selbst in ihrer Domäne, der Wirtschaft, die Politik der offenen Gesellschaft durch. Die dennoch ihre Grenzen kennt und modern definiert.

Natürlich ist immer noch Luft nach oben. Die Grünen haben die FDP überholt, und das darf die nicht ruhen lassen. Da muss Wettbewerb sein! Mindestens muss gestritten werden. Aber das tut die FDP auch. Und sie zeigt Haltung, anders als die Grünen, die sich mancherorts im Bückling gegenüber der Union üben. Man muss sich nur mal deren Verhalten in Hessen anschauen. Wenn die FDP das machen würde … Die Grünen würden sich vor Häme gar nicht mehr einkriegen. Aber so macht die FDP den Grünen stattdessen munter beispielsweise das Copyright bei Bürgerrechtsthemen streitig. Von Big Data bis BND und NSA bedient die FDP die Klientel, die frei sein will von Bevormundung durch den Staat und den Schutz der Privatheit tatsächlich noch für ein Menschenrecht hält. Die FDP war hier auch die Erste, die die Rolle der Kanzlerin kritisch ins Visier genommen hat. Dass sie sich von ihr bei dieser seltsamen Geschichte mit dem No-Spy-Abkommen getäuscht sieht, ist deshalb glaubwürdig.

Was in Summe bedeutet: Die FDP kann wieder eine gehörige Herausforderung werden. Ihre Politik ist ihr nicht mehr sogleich als bloße Taktik auszulegen. Und das bekommen immer mehr Wähler mit.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false