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Politik: Die Saar schien pechschwarz zu werden. Doch der Kanzler kann wieder aufatmen (Kommentar)

Was haben sie alle gespottet, als sich über dem Saarland die Sonne verfinsterte. Von wegen "Die Saar ist rot"!

Von Robert Birnbaum

Was haben sie alle gespottet, als sich über dem Saarland die Sonne verfinsterte. Von wegen "Die Saar ist rot"! Die Saar war pechschwarz. Welch ein Fingerzeig - erst die Lafontaine-Dämmerung, dann die Klimmt-Verfinsterung, und danach bleibt alles schwarz, der Ministerpräsident heißt Müller und ist ein Christdemokrat? So hat es eine Zeitlang ausgesehen, als Möglichkeit immerhin. Aber eine Sonnenfinsternis ist nicht mehr als eine kurze Laune der Natur. Es spricht viel dafür, dass sich die Chance auf eine konservative Revolution an der Saar nur als flüchtige Laune der Politik erweisen könnte.

Von dem gedämpften Optimismus, den die Bundes-CDU beim Blick auf die Landtagswahl im Saarland verbreitet hat, ist nicht mehr viel übrig. Zum einen haben die Saar-Grünen die ohnehin vagen Aussichten auf das erste schwarz-grüne Experiment auf Länderebene zerschlagen: Sie haben sich für Rot-Grün entschieden. Weniger aus tiefer Überzeugung als getrieben von der Gefahr, an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern. In solchen Lagen hilft nur eins: Von der FDP lernen heißt siegen lernen. Und das heißt, sich vor der Wahl festzulegen. Denn das Funktionsargument - "Nur mit uns zusammen kann die große Partei regieren" - sticht beim Wähler nur, wenn er weiß, welche große Partei er durch seine Stimme für die kleine Partei indirekt begünstigt.

Aber nicht genug damit, dass der Saar-CDU ihr potenzieller Partner abhanden gekommen ist - die FDP fällt ja mangels Masse absehbar aus. Nein, kurz vor dem Wahltag hat die SPD obendrein deutlich aufgeholt. Über die Ursachen wird es geteilte Auffassungen geben. Wenn Klimmt die absolute Mehrheit verteidigen kann, werden er und seine Freunde dies ihrem Einsatz für die Traditions-SPD gegen den Modernisierer im Kanzleramt zurechnen.

Zwar spricht wenig dafür, dass die inhaltlichen Positionen der Linken in der Regierungspraxis ein deutlich größeres Gewicht bekommen würden. Schröder hat seinen Erfolg an den seines Sparkurses gefesselt. Er kann nur kosmetische Zugeständnisse machen. Wohl aber muss der Kanzler und Parteichef damit rechnen, dass die Methode Klimmt Nachahmer findet und noch andere SPD-Fürsten ihr Heil in der Distanzierung suchen werden. Das macht das Regieren allemal schwieriger.

Reicht es hingegen bloß für Rot-Grün, kann das Schröder nur recht sein. Reicht es für Klimmt überhaupt nicht - in dem kleinen Land können wenige hundert Stimmen entscheiden -, ist das für die SPD nicht schön, käme Schröder aber auch nicht ganz ungelegen. Kurz - was immer geschieht, der Kanzler kann dem Sonntag recht gelassen entgegen sehen.

Die Opposition kann das ganz und gar nicht. Den führenden Köpfen der CDU, Parteichef Wolfgang Schäuble und Generalsekretärin Angela Merkel vorneweg, ist klar, dass der hohe Stand ihrer Aktien eine Hausse auf Pump ist. Besteht die Partei mit den hohen Umfragewerten den praktischen Test an der Saar und den anderen Wahlen des Herbstes nicht, wird Ernüchterung einkehren. Dann wird immer mehr das objektive Problem der Opposition offenbar werden: Sie kann in den zentralen Politikfeldern - Wirtschafts-, Finanz- und Sozial-, auch Außenpolitik - dem Schröder-Kurs nur im Detail widersprechen, nicht in der großen Linie. In diese Lage hat die CDU ausgerechnet der Mann gebracht, nach dessen Rückzug die CDU überhaupt erst vom Machtwechsel an der Saar träumen konnte. Vielleicht erweist es sich einmal als Oskar Lafontaines nachhaltigster Erfolg, dass er mit seinem Abgang die Chancen der CDU vermindert hat, sich als prinzipielle Alternative zur SPD zu präsentieren.

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