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Politik: Die Sfor-Truppe zieht den Kreis um Karadzic enger

Nun geht es auch den politischen Brandstiftern des Bosnienkrieges an den Kragen: In der Nacht zum Montag nahmen französische Soldaten der internationalen Friedenstruppe Sfor in Bosnien den Serben Momcilo Krajisnik fest. Er wurde bereits dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag übergeben.

Nun geht es auch den politischen Brandstiftern des Bosnienkrieges an den Kragen: In der Nacht zum Montag nahmen französische Soldaten der internationalen Friedenstruppe Sfor in Bosnien den Serben Momcilo Krajisnik fest. Er wurde bereits dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag übergeben. Der 55-jährige war seit 1991 führendes Mitglied der Serbischen Demokratischen Partei Bosniens und Parlamentspräsident. Auf Befehl des früheren Direktors eines Energieversorgers eroberten bosnische Serben zwischen Juli 1991 und Dezember 1992 zahlreiche Dörfer. Das UN-Tribunal wirft ihm Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Verletzung des Kriegsrechts und der Genfer Konvention vor. Krajisnik gilt als enger Freund des bosnischen Serbenführers Radovan Karadzic und war nach dem Krieg in das bosnische Staatspräsidium delegiert worden. Dort bekleidete er im Wechsel mit dem Kroaten Zubak und dem Moslem Izetbegovic das höchste Staatsamt in Bosnien.

"Bosnien ist wie eine Flasche, die zur Hälfte mit Wasser und Öl gefüllt ist. Die Elemente vereinigen sich nicht: Öl und Wasser lösen sich immer voneinander." Mit diesen Worten hatte sich Momcilo Krajisnik seinerzeit nach einem Interview verabschiedet. Und eben diese sprachlichen Vergleiche waren es auch, mit denen er seine politischen Gesprächspartner über Jahre hinweg zur Verzweiflung trieb. Als reine Zeitverschwendung war jedwede Unterredung mit dem bosnisch-serbischen Verhandlungsführer verrufen. Er wollte nur eins: eine ethnische reine Serbenrepublik in Bosnien. Die anderen, Kroaten und Moslems, sollten sich den Rest gefällig teilen. Öl und Wasser.

Die internationale Gemeinschaft hatte erst versucht, Krajisnik zu überzeugen, schließlich ihn zu zwingen, seinen Boykott eines multiethnischen, gleichberechtigten Bosniens im Sinne des Dayton-Friedensvertrages aufzugeben. Vergeblich. So oft wie er die westlichen Delegationen in seinem Amtssitz in Pale, 16 endlose Kilometer entfernt von der pulsierenden bosnischen Hauptstadt Sarajevo, empfing, so frustriert reisten die Diplomaten wieder ab. Mit diesem Mann in den Bergen war nicht zu reden. "Mister No", diesen Namen handelte er sich bereits 1993 ein, als die Vereinten Nationen (UN) in Genf versuchten, mit ihm über einen Frieden im Bosnienkrieg zu verhandeln. Die kleinsten Zugeständnisse lehnte er ab. Und was sein Gönner und Übervater Milosevic in Serbien auf internationalem Parkett unterschrieben hatte, wollte er für "seine Republik" nicht übernehmen. Jene "Gewaltenteilung" war durchaus im Sinne von Milosevic, denn Krajisnik war prädestiniert für einen eindrucksvollen, strukturellen Widerstand gegen gemeinsame bosnische Institutionen.

Während seiner Zeit als serbischer Vertreter im bosnischen Staatspräsidium genoss Krajisnik politische Immunität, und das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag hatte nie öffentlich gemacht, dass Krajisnik auf seiner Fahndungsliste steht. Seit Jahren operiert das Tribunal mit einer öffentlichen und einer geheimen Liste. Das Auswärtige Amt in Berlin teilt zum Fall Krajisnik mit: "Seine Festnahme ist eine gute Nachricht für Bosnien. Und sie ist ein Beleg für die wirksame und konsequente Arbeit des UN-Tribunals." Den Haag könne weiterhin auf die Unterstützung der Bundesregierung hoffen.

Claudia Lepping

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