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Politik: Die Sozialistische Internationale weicht beim Pariser Treffen dem Streit um die Modernisierung aus

Während der britische Premier immerhin noch höflichen Beifall erntete, wurde Bundeskanzler Schröderspürbar kühler empfangenEric Bonse Blair saß rechts, Schröder in der Mitte und Jospin zwischen allen Stühlen. Wer aus der Sitzordnung politische Schlüsse ziehen wollte, sah sich indes getäuscht: Beim 21.

Während der britische Premier immerhin noch höflichen Beifall erntete, wurde Bundeskanzler Schröder

spürbar kühler empfangenEric Bonse

Blair saß rechts, Schröder in der Mitte und Jospin zwischen allen Stühlen. Wer aus der Sitzordnung politische Schlüsse ziehen wollte, sah sich indes getäuscht: Beim 21. Kongreß der Sozialistischen Internationale (SI) stellten die drei führenden Sozialdemokraten Europas ihre politischen Gegensätze hintan. Das gelang, nachdem sie zunächst um Platz eins auf der Rednerliste gerangelt hatten und Gerhard Schröder den Kürzeren gezogen hatte.

Dass er "Champion of change" ist, daran ließ der dritte Redner, Tony Blair, indes keinen Zweifel. "Wir müssen Reformer, Modernisierer, Innovatoren sein", hämmerte der britische Premier den 1000 Delegierten aus 130 Ländern ein. Zwar gebe es "verschiedene Wege für verschiedene Länder". Doch alle Sozialdemokraten stünden vor demselben Problem, soziale Gerechtigkeit und "New economy" miteinander zu vereinen. Für seinen "Dritten Weg" erntete der Brite höflichen Beifall.

Spürbar kühler wurde Bundeskanzler Schröder in Paris empfangen. Zwar redete er das Publikum mit "liebe Genossen" an und stellte klar, dass die neue Mitte der SPD "kein Kampfbegriff" sei. Doch der Funken wollte weder im Saal noch am Podium zu Jospin überspringen. Vielleicht lag es an der Rede: Wo Blair offensiv auftrat, verteidigte Schröder seine ersten Reformen und die damit verbundenen "erheblichen Schwierigkeiten". Das umstrittene Blair-Schröder-Papier zitierte der Kanzler nur einmal: Doch nicht wegen der darin geforderten liberalen Reformen, sondern wegen "zeitloser Werte" wie Fairness oder sozialer Gerechtigkeit.

Den größten Beifall erntete in Paris der französische Premier Lionel Jospin. Der Sozialist schlüpfte in seine bevorzugte Rolle des Oberlehrers und hielt einen historischen Vortrag über den demokratischen Sozialismus im 20. Jahrhundert. Dabei bekannte sich Jospin zur "Überlegenheit der Marktwirtschaft". Der Markt sei allerdings nur ein Instrument, kein Ziel und schon gar kein Wert an sich. Ein globalisierter Kapitalismus erfordere neue globale Regeln, sagte er. Ähnlich hieß es in der verabschiedeten "Pariser Erklärung". Deren Nutzwert dürfte begrenzt bleiben: Blair verleugnete nicht, dass er neuen Regulierungen skeptisch gegenübersteht. Statt auf die Formelkompromisse der SI setzt er auf den "Gipfel der Modernisierer" Ende November in Florenz. Die SI selbst müsse erneuert werden, sagte Blair. Der Streit um die Modernisierung der Sozialdemokratie geht trotz des Pariser Burgfriedens weiter - in Florenz.

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