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Politik: Die SPD-Fraktion ärgert sich über Clement

Der Wirtschaftsminister will der Industrie beim Klimaschutz weiter entgegenkommen als die Fachpolitiker seiner Partei

Berlin. In der SPD-Bundestagsfraktion wächst die Unzufriedenheit mit der Haltung des Wirtschaftsministers Wolfgang Clement (SPD) zum Klimaschutz. Im Eckpunkte-Papier des SPD-Berichterstatters zum Emissionshandel, Ulrich Kelber, das dem Tagesspiegel vorliegt, heißt es: „Die Zusagen der deutschen Wirtschaft zum Klimaschutz sind der Maßstab für die maximale Gesamtemission von Treibhausgasen.“ Insgesamt folgen die SPD-Fachpolitiker mit ihren Wünschen für den nationalen Zuteilungsplan von Kohlendioxid-Emissionen eher den Vorstellungen von Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) als denen Clements. Am Montag treffen Clement und Trittin zum zweiten Mal mit dem Chef des Kanzleramts Frank-Walter Steinmeier zusammen, um sich auf eine gemeinsame Vorlage für den Zuteilungsplan zu einigen.

Dass die Industrie schon in der ersten Handelsperiode des europaweiten Emissionshandels von 2005 bis 2007 ihren Ausstoß an Kohlendioxid (CO2) vermindern muss, ist aus der Sicht Kelbers unumgänglich, um das deutsche Klimaschutzziel zu erreichen. Das sieht man im Wirtschaftsministerium offenbar anders. Nach Informationen des Tagesspiegels will Clement der Industrie zunächst gar keine CO2-Minderungen abverlangen. Im Wirtschaftsministerium wird argumentiert, dass die meisten anderen EU-Staaten im Gegensatz zu Deutschland so weit von der Erreichung ihrer Klimaschutzziele entfernt seien, dass sich am Markt ohnehin Knappheitspreise für CO2-Zertifikate ergeben würden. Das reiche als Anreiz für Investitionen in den deutschen Klimaschutz aus. Im Gegensatz dazu will Kelber sogar weiter gehen als Trittin und die Menge der zunächst kostenlos ausgegebenen Emissionszertifikate von der bestmöglichen Technik für den jeweiligen Brennstoff abhängig machen. In der SPD-Fraktion ist die Neigung, die Industrie aus ihren Zusagen zu entlassen, jedenfalls nicht sehr hoch.

Besonders groß ist der Widerstand im Wirtschaftsministerium gegen die von Trittin vorgeschlagene Übertragungsregelung für CO2- Zertifikate von alten Kraftwerken auf neue. Trittin will einen Anreiz geben, ineffiziente Anlagen schnell zu ersetzen. Im Wirtschaftsministerium heißt es nun, dies habe „verheerende Konsequenzen“. Dort kursiert ein Rechenbeispiel, das beweisen soll, dass keine Kohlekraftwerke mehr gebaut würden, wenn sich Trittin durchsetzt. So wird behauptet, dass beim Ersatz eines alten Braunkohlekraftwerks durch ein modernes Gaskraftwerk ein so großer Zertifikatewert entstünde, dass die Investition vollständig bezahlt werden könnte. Energiefachleute bezweifeln allerdings, dass rund zehn Millionen Euro im Jahr für den Bau eines Gaskraftwerks tatsächlich genügen würden.

Im Gegensatz dazu heißt es im Eckpunktepapier des SPD-Politikers Kelber: „Der Anreiz, alte Kohlekraftwerke durch neue, effiziente Kohlekraftwerke zu ersetzen, ist durch die Übertragungsregelung groß genug.“ Schließlich würde der massenhafte Gaskraftwerksbau eine größere Abhängigkeit von Importen bedeuten. Niemand kann die künftigen Gaspreise vorhersagen. Doch davon hängt ab, ob ein Gaskraftwerk tatsächlich das bessere Geschäft wäre.

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