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Politik: Die SPD fürchtet, die CDU durch Regierungs-Beteiligung so zu stärken, dass sie 2004 allein regieren kann

Gewiss, eine Mehrheit der Brandenburger Sozialdemokraten zieht als künftigen Regierungspartner die Christdemokraten den SED-Nachfolgern vor. Die Stimmungslage in der SPD scheint eindeutig.

Gewiss, eine Mehrheit der Brandenburger Sozialdemokraten zieht als künftigen Regierungspartner die Christdemokraten den SED-Nachfolgern vor. Die Stimmungslage in der SPD scheint eindeutig. Doch um eine Liebesheirat handelt es sich nicht, wenn es denn zur großen Koalition kommen sollte. "Es wäre ein aus der Not geborenes Zweckbündnis, das kleinere von zwei Übeln", betonen SPD-Politiker, wenngleich sie keinen Hehl daraus machen, "dass Stolpe mit Schönbohm sicherlich gut zurechtkommen würde - und umgekehrt". Beide gelten als pragmatisch, konservativ, pflichtbewusst, diszipliniert. Überdies verbindet sie ihr Hang zum Militärischen, zum Preußentum. Dennoch verhehlen führende Sozialdemokraten nicht, dass eine große Koalition ein politisches Risiko für die geschwächte SPD bedeutet und dies bei der Koalitionsentscheidung abgewogen werden müsse.

Die Hauptsorge: Indem man die machthungrige Union unter Jörg Schönbohm mit ins Boot holt, macht man sie erst stark. Dies könnte, wird befürchtet, bei der nächsten Landtagswahl im Jahr 2004 zu einem noch größeren Fiasko als am 5. September führen. SPD-Strategen sind überzeugt, dass der Taktierer Schönbohm über die nächsten Jahre hinaus denkt und in zwei Etappen die Machtverhältnisse in Brandenburg umkehren will. Erster Schritt: Eintritt in die Regierung als Juniorpartner. Zweiter Schritt: Profilierung und Modernisierung der noch immer instabilen CDU in den kommenden Jahren mit dem Ziel, 2004 stärkste politische Kraft im Land zu werden und Manfred Stolpe endgültig zu verdrängen.

Schönbohm ist in dieser Frage wie Stolpe: Er lässt sich nicht die Karten schauen. Dennoch deutet manche Äußerung darauf hin, dass es ihm um den Machtwechsel geht. So hat er keinen Hehl daraus gemacht, dass er ungern Minister, sondern lieber Fraktionschef werden möchte. Natürlich weiß Schönbohm, dass er als Minister in die Kabinettsdisziplin eingebunden wäre. Außerhalb des Kabinetts, als Fraktionschef, hätte er einen größeren politischen Spielraum. Schönbohm hat auch nie einen Zweifel daran gelassen, dass nach Bildung der großen Koalition die wichtigste Aufgabe erst bevorsteht - die grundsätzliche Erneuerung der Partei: "Sie muss für die Zeit nach der Jahrtausendwende fit gemacht werden."

Auch Stolpe weiß natürlich, wohin der Hase läuft. Im Wahlkampf hatte er gewarnt: Stolpe, Hildebrandt, die SPD sollten von der Macht verdrängt werden. Jetzt prophezeihen selbst Befürworter einer großen Koalition in der SPD, dass diese zunächst ähnlich wie in Bremen "gut laufen" werde. "Aber je näher die Wahl 2004 rückt, um so mehr Konflikte und Krisen wird es geben."

Vor diesem Hintergrund denkt man auch in der SPD weiter - sogar an die Klärung der Nachfolgefrage. Man werde Schönbohm und der CDU wohl nur mit einem populären jüngeren und unverbrauchten Spitzenkandidaten Paroli bieten können. Der Name des Hoffnungsträgers, der jetzt aufgebaut werden soll und demnächst wohl den Parteivorsitz übernehmen wird, steht fest: Der Ex-Umweltminister, "Deichgraf" und Oberbürgermeister von Potsdam, Matthias Platzeck.

Michael Mara

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