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Politik: Die SPD ist sich im Streit um die Nutzung von Abhörakten uneins

Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Akten, Joachim Gauck, ist dafür, das Archiv seiner Behörde zur Aufklärung der CDU-Spendenaffäre zu nutzen. Er würde die Stasi-Dokumente zu Abhöraktionen gegen West-Politiker auf Anforderung der Justiz und des Untersuchungsausschusses des Bundestages herausgeben, sagte Gauck der "Süddeutschen Zeitung".

Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Akten, Joachim Gauck, ist dafür, das Archiv seiner Behörde zur Aufklärung der CDU-Spendenaffäre zu nutzen. Er würde die Stasi-Dokumente zu Abhöraktionen gegen West-Politiker auf Anforderung der Justiz und des Untersuchungsausschusses des Bundestages herausgeben, sagte Gauck der "Süddeutschen Zeitung". Eine Tabuisierung dieses Materials sei nach dem Stasi-Unterlagengesetz nicht möglich. Der Vorsitzende des Ausschusses, Volker Neumann, rechnet jedoch nicht damit, dass das Gremium die Akten bestellt. "Wir werden die Protokolle wohl nicht heranziehen."

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Joachim Jacob, sprach sich allerdings gegen eine Verwendung der Abhörprotokolle aus. Jacob sagte, nach dem Stasi-Unterlagengesetz dürften Ausschüsse die Dokumente des DDR-Geheimdienstes nur dann verwenden, wenn der jeweilige Untersuchungsauftrag im Zusammenhang mit der Stasi stehe. Stasi-Akten könnten dann einem Untersuchungsausschuss zur Verfügung gestellt werden, wenn es um die Aufklärung persönlicher Schicksale, die Rehabilitation von Opfern, die Verfolgung von Tätern sowie die politische und historische Aufarbeitung der DDR-Staatssicherheit gehe. "Der Untersuchungsausschuss zur Spendenaffäre hat einen völlig anderen Auftrag", betonte er.

In der SPD häufen sich dennoch die Stimmen für eine Nutzung der Akten. Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reinhard Höppner, warnte vor einer Ausnahmeregelung für Altkanzler Helmut Kohl. Dies wäre für das demokratische Bewusstsein der Menschen "katastrophal" und würde die Gräben zwischen Ost und West vertiefen, sagte der Sozialdemokrat der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Es dürfe nicht sein, dass Westdeutsche die "Gnade einer westdeutschen Postleitzahl" beanspruchten, Ostdeutsche aber aus dem öffentlichen Dienst entfernt würden, weil sie vor 20 Jahren einen Mitmenschen ausgehorcht hätten.

Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz riet dem Untersuchungsausschuss, Gaucks Angebot zu überdenken. Bei den Überprüfungen der Bundestagsabgeordneten auf Stasi-Mitarbeit seien Abhörprotokolle genutzt worden. Kohl will gegen die Nutzung der Stasi-Aufzeichnungen notfalls vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Wiefelspütz verwies darauf, dass Karlsruhe im Streit um die Stasi-Vorwürfe gegen PDS-Fraktionschef Gregor Gysi die Verwendung der Protokolle erlaubt hat. Keinesfalls dürften West- und Ostdeutsche unterschiedlich behandelt werden.

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