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Muss seine Partei zur Geduld bewegen - Sigmar Gabriel

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Die SPD, Sigmar Gabriel und die Koalition: Da hilft kein Papst

Konjunktur, TTIP, Rüstung, Energiewende: Sigmar Gabriel muss über Ludwig Erhard hinauswachsen, wenn er nicht nur Deutschland, sondern zugleich der SPD eine Perspektive geben will. Voraussetzung: Die SPD lässt ihn. Und Merkel. Bloß ist beides nicht gewiss. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Der schönste Posten nach dem des Papstes – das meinte Franz Müntefering über das Amt des SPD-Vorsitzenden, und auf diese Meinung hat er wahrscheinlich ein Monopol. Denn er selbst hat es erlebt, alle erleben es – Chefsozialdemokrat zu sein, ist nicht vergnügungssteuerpflichtig. Sosehr sich Christ- und Sozialdemokraten in ihren Programmen einander angenähert haben mögen, eines unterscheidet sie fundamental: Die Union ist und bleibt ein Kanzler(innen)wahlverein, die Genossen liebäugeln selbst dann, wenn einer der Ihren Kanzler ist, mit der Opposition. Was sich da alles fordern lässt! Wie rein die Lehre da doch sein kann!

Dass Regieren ein hartes Geschäft ist, weiß die SPD, weil sie vielerorten regiert. Doch auf den Bund gesehen gibt es ein Phänomen: eine mitunter selbstzerstörerische Neigung. Aufbegehren wird zur Genossenpflicht. Es fängt ja schon wieder an. Da setzt die SPD (fast) alle Forderungen an den Koalitionsvertrag durch oder um, und dann reicht das plötzlich nicht mehr oder noch nicht. Warum? Weil es sich nicht direkt in Wählerstimmen auszahlt, weil die Umfragen die SPD unverändert im Zwanzig-Prozent-Turm verorten.

Gabriel muss Deutschland aus der schwierigen Konjunkturlage herausholen

Und wer ist schuld? Angela Merkel, die Kanzlerin, klar, denn sie reklamiert alle Erfolge für sich. Allerdings zunehmend wird auch Sigmar Gabriel, der Vizekanzler, verantwortlich gemacht. Als wäre es so einfach, die (an die Linke und in der Mitte) verlorenen Prozente mal eben zurückzuholen. Es hat hier seine eigene Ironie, dass ausgerechnet Gabriel die SPD zur Geduld bewegen muss. Aber noch weiter muss er über sich hinauswachsen: Er muss ein Wirtschaftsminister werden, der Deutschland aus der schwierigen Konjunkturlage, in die es gleitet, herausholt. Dazu TTIP, Rüstung, Energiewende, die Herausforderungen sind so groß, wie sie in der Ballung kein Ludwig Erhard hatte. Will sagen: Gabriel muss sogar über Erhard hinauswachsen, wenn er nicht nur Deutschland, sondern zugleich der SPD eine Wachstumsperspektive geben will. Voraussetzung: Die SPD lässt ihn. Und Merkel. Bloß ist beides nicht gewiss. Gewiss ist ja inzwischen noch nicht einmal, dass ein Papst sein Amt auf Dauer behält.

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