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Politik: Die SPD und ihre Holdinggesellschaft stehen in der Kritik

Wer versuchsweise im Internet die Adresse "ddvg.de" eingibt, um so das gleichnamige Unternehmen zu erreichen, der landet direkt auf der Website der SPD.

Wer versuchsweise im Internet die Adresse "ddvg.de" eingibt, um so das gleichnamige Unternehmen zu erreichen, der landet direkt auf der Website der SPD. Das liegt nahe, denn die Deutsche Druck- und Verlags-GmbH gehört den Sozialdemokraten. In dieser Holding hat die Partei ihre Unternehmensbeteiligungen zusammengefasst. Meist sind es Minderheitsbeteiligungen zwischen 20 und 40 Prozent an Presseverlagen. So ist die SPD an der "Sächsischen Zeitung" in Dresden beteiligt, an der "Hannoverschen Allgemeinen", der "Frankenpost" (Hof) und der "Neuen Westfälischen" (Bielefeld). Dazu kommen Druckbetriebe, Vertriebsgesellschaften und der Vorwärts-Verlag. Auch ein Reisebüro und Buchhandlungen gehören dazu. Diese Holding, deren Wert in die Milliarden geht, führt jährlich einen Teil ihrer Gewinne an die SPD ab, die als Einnahmen aus Vermögen der Partei gelten. Für das Jahr 1998 waren das 18,4 Millionen Mark. Im Rechenschaftsbericht der SPD an den Bundestag aber tauchen sie nicht auf. Statt dessen ist von einem Vermögensertrag in Höhe von 2,4 Millionen Mark die Rede.

Das ist nach dem Wortlaut des Parteiengesetzes durchaus statthaft. Dort steht, dass für Einnahmen aus Vermögen nur der Reinertrag ausgewiesen werden muss, sie also mit den direkt für das Vermögen notwendigen Ausgaben verrechnet werden dürfen. Ihre Einnahmen aus der DDVG verwendet die SPD laut Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier vor allem zur Finanzierung der neu errichteten Parteizentrale in Berlin, das Willy-Brandt-Haus. Für die nächsten Jahre rechnet sie - nach Abzug der Steuern - mit Beiträgen der DDVG in Höhe von jeweils sieben bis zehn Millionen Mark. Das war nicht immer so. Ordentlichen Gewinn wirft die DDVG erst seit 1997 ab. In den Jahren davor beliefen sich die Einnahmen auf Summen zwischen null und 580 000 Mark. Und an den unternehmerischen Pleiten und Pannen der Jahrzehnte davor knabbert die Partei laut Schatzmeisterin bis heute.

Union und FDP ist das Unternehmertum der SPD mittlerweile ein Grund zur Kritik. FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle will Medienbeteiligungen von Parteien ganz verbieten. CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz meint, die SPD wolle ihre Millionen-Einnahmen aus der DDVG verschleiern und sich "gegenüber der Öffentlichkeit arm rechnen". Auch Fachleute wettern, nicht nur gegen die SPD: Der Hamburger Finanzwissenschaftler Wilhelm Strobel wirft den Parteien vor, das Parteiengesetz im Dezember 1983 entgegen dem Geist der Verfassung so formuliert zu haben, dass Vermögenseinnahmen nicht voll ausgewiesen werden müssen. Nach Ansicht Strobels verlangt das Grundgesetz die ausführliche Offenlegung in einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, nicht die Verrechnung zu einer Ertrags- oder Aufwandssumme. Den Vorwurf der Grundgesetzwidrigkeit weist Wettig-Danielmeier zurück. Allerdings gesteht die Schatzmeisterin zu, dass die DDVG nicht immer vollständig der Pflicht zur Bilanzoffenlegung genügt habe, die für Unternehmen gilt - ein Kritikpunkt Strobels.

Knackpunkt der Debatte ist die Frage, ob eine Partei, die sich unternehmerisch betätigt (und das tut die SPD, die bei den Spendeneinnahmen seit jeher das Nachsehen gegenüber Konservativen und Liberalen hat, seit fast 100 Jahren), auch wie ein Wirtschaftsunternehmen zu betrachten ist und entsprechend transparent mit Zahlen umgehen sollte. Wettig-Danielmeier meint zwar, dem sei nicht so: "Parteien sind keine Unternehmen". Denn dann würden sie das Privileg verlieren, dass sie gegenüber Privatfirmen bei der Besteuerung haben.

Dennoch ist die Schatzmeisterin bereit, das Parteiengesetz so zu ändern, dass Einnahmen und Ausgaben im Rechenschaftsbericht ausgewiesen werden müssen. "Ich denke schon, dass man sich nach dem Ende der Aufklärung der CDU-Affäre über einige Mängel des Parteiengesetzes wird unterhalten müssen", sagt sie.

Auf die mittlerweile lukrative Holding verzichten will sie nicht. Den Vorschlag, die Beteiligungen zu versilbern und das Geld am Kapitalmarkt anzulegen, lehnt sie ab. Die Geschichte gebe ihr Recht, sagt sie. "Wir hätten nichts mehr, wenn wir nur Geldvermögen gehabt hätten."Dazu im Internet

www.meinberlin.de/spd-finanzen

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