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Politik: Die USA fordern für ein Ja zu Start III eine neue Raketenabwehr - Washington verfolgt neue Strategie im Pazifik-Raum

Die USA planen die Verstärkung ihrer Raketenabwehr - und handeln sich damit den Ärger Russlands und Chinas ein. Darüber konnten auch die jüngsten Abrüstungsgespräche in Moskau nicht hinwegtäuschen.

Die USA planen die Verstärkung ihrer Raketenabwehr - und handeln sich damit den Ärger Russlands und Chinas ein. Darüber konnten auch die jüngsten Abrüstungsgespräche in Moskau nicht hinwegtäuschen. Während sich der stellvertretende US-Außenminister Talbott gar nicht erst zu den Ergebnissen des Treffens äußern wollte, machte Moskau klar, dass es den USA den Weg zu einem neuen Raketenabwehrsystem in Alaska nicht bereiten wollte.

Die Amerikaner wollen sich mit diesem neuen Luftabwehrsystem vor möglichen Gefahren aus Ländern wie Nordkorea oder Irak schützen. Doch bevor sie es einrichten können, müsste der ABM-Abrüstungsvertrag von 1972 gelockert werden, da er jede Form von Raketenabwehrsystemen weitgehend verbietet. Obgleich Washington mehrere zeitversetzte Schritte für eine Lösung anbietet und auch Russland unter das Schutzschild einlädt, spielt Moskau nicht mit. Nun will US-Verteidigungsminister Cohen den Kreml besuchen, um mit seinem Kollegen Sergejew direkt zu verhandeln.

Das Projekt in Alaska ergänzt die Ambitionen der Amerikaner, ihren Raketenabwehrschirm weltweit zu verstärken. Neben Alaska wollen sie entweder in Japan oder auf einer mobilen Raketenstation im Pazifik ein sogenanntes Theater Missile Defence (TMD) errichten. Dieses System, das virtuell bereits besteht und relativ zügig umzusetzen ist, soll Südkorea wie Taiwan Schutz vor Raketenangriffen bieten. Moskau wie Peking sehen darin ebenfalls einen Verstoß gegen den ABM-Vertrag. Und so bedeuten erst recht die jüngsten gemeinsamen Manövern der USA mit Südkorea eine Verschärfung der Spannungen nicht nur mit Russland, sondern auch mit dem kommunistischen Nordkorea und mit China, das noch immer territoriale Ansprüche auf Taiwan erhebt.

Die USA und Nordkorea verhandeln noch bis Sonnabend in Berlin um die Raketenrüstung des kommunistischen Landes. Nordkorea droht inzwischen mit einem gewaltsamen Vorgehen für den Fall, dass südkoreanische Schiffe die "neue Grenze" im Gelben Meer verletzen. Nordkorea hatte im Juni die über 40 Jahre alte Grenze im Gelben Meer in Frage gestellt und war in südkoreanische Gewässer eingedrungen. Die südkoreanische Marine versenkte nach eigenen Angaben ein gegnerisches Torpedoboot. Daraufhin erklärte Pjöngjang, die Grenze sei nach Süden verlegt worden. Den tatsächlichen Verlauf aber hatten die Vereinten Nationen (UN) nach dem Ende des Korea-Krieges (1950-1953) festgelegt.

Peking fühlt sich durch die aktuelle Militärstrategie Washingtons in der Pazifikregion bislang ausschließlich politisch auf den Plan gerufen und verhandelt nun seinerseits zwischen Seoul und Pjöngjang: Südkorea soll auf weitere Manöver mit den USA verzichten, um im Gegenzug Nordkorea dazu zu bewegen, keine weiteren Raketentests zu starten. Doch in dieser Mission lässt China auch keine Chance ungenutzt, um das eigene sicherheitspolitische Konzept zu erweitern: Mit Russland, Kirgisien, Tadschikistan und Kasachstan wurden bereits vertrauensbildende Maßnahmen vereinbart. Darüber hinaus modernisiert China aber seine Streitkräfte.

Weitere Fortschritte bei den Start-III-Verhandlungen waren in diesem sensiblen militärpolitischen Kräftefeld nicht wirklich zu erwarten. Schon im August war der Versuch zur weiteren atomaren Abrüstung zwischen den Supermächten gescheitert, weil die USA ihre Zusagen nicht ohne eine Lockerung des ABM-Vertrages geben wollten. Obgleich die Duma bislang den Start-II-Vertrag noch nicht einmal ratifiziert hat, schlägt Moskau schon heute für Start III vor, die atomaren Sprengköpfe um 50 Prozent auf 1500 Stück zu reduzieren. Mit Start I wurden die weit reichenden strategischen Atomwaffen um 25 bis 30 Prozent reduziert.

Claudia Lepping

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