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Politik: Die Vorgeschichte der angedrohten EU-Sanktionen gegen Österreich - spielt ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel ein Doppelspiel?

Für die Tageszeitung "Die Presse" war es schlicht ein "Femegericht". Das staatlich subventionierte Wiener Blatt, das sich immer mehr zum ideologischen Stützpfeiler der geplanten Koalition von rechtspopulistischen "Freiheitlichen" (FPÖ) und "Volkspartei" (ÖVP) entwickelt, stellt wegen der Sanktionsdrohungen der 14 Partnerländer in der Europäischen Union bereits indirekt die EU-Beiträge des Nettozahlers Österreich in Frage.

Für die Tageszeitung "Die Presse" war es schlicht ein "Femegericht". Das staatlich subventionierte Wiener Blatt, das sich immer mehr zum ideologischen Stützpfeiler der geplanten Koalition von rechtspopulistischen "Freiheitlichen" (FPÖ) und "Volkspartei" (ÖVP) entwickelt, stellt wegen der Sanktionsdrohungen der 14 Partnerländer in der Europäischen Union bereits indirekt die EU-Beiträge des Nettozahlers Österreich in Frage. Schlimmer noch: Nestbeschmutzer von höchster Stelle haben laut "Presse" die Quarantäneankündigung aus durchsichtigem Eigeninteresse im Ausland bestellt.

Die "Presse" bezog sich auf dänische Zeitungsberichte, nach denen der österreichische Noch-Kanzler Viktor Klima (SPÖ) am Mittwoch der vergangenen Woche am Rande der Holocaust-Konferenz in Stockholm seine sozialdemokratischen Amtskollegen aus Stockholm, Berlin, Kopenhagen und Paris um "Schützenhilfe" gebeten haben soll. Der österreichische Präsident Thomas Klestil soll am Wochenende bei der Bitte um Aktionen gegen eine Regierungsbeteiligung der FPÖ nachgestoßen haben. Quelle sind Abgeordnete unterschiedlicher dänischer Parteien, die sich auf streng vertrauliche Informationen aus dem außenpolitischen Ausschuss des dänischen Parlaments stützen. Die Mandatare wollen deshalb anonym bleiben.

In Wien setzte es umgehend Dementis. Bundespräsident Klestil habe in den vergangenen Wochen mit keinem dänischen Politiker gesprochen und um keine Aktionen gebeten, versicherte ein Mitarbeiter der Präsidentenkanzlei in der Wiener Hofburg. Eine "absurde Erfindung" nannte ein Sprecher des SPÖ-Vorsitzenden Klima die Vorwürfe. Der außenpolitische SPÖ-Sprecher Peter Schieder mußmaßte über die Motivation des "Presse"-Aufmachers: "Mit solchen Behauptungen soll die EU-Drohung einer Isolierung Österreichs verharmlost werden. Einer solchen Aufforderung hätte es doch gar nicht bedurft. Seit der Parlamentswahl im vergangenen Oktober sind wiederholt Warnungen von ausländischen Regierungen und Persönlichkeiten in Wien eingegangen - auch bei Außenminister Wolfgang Schüssel."

Der Chef der österreichischen Volkspartei (ÖVP) gerät damit in den Verdacht eines Doppelspiels. Noch am Dienstagabend hatte sich der Außenminister bei der Verkündung einer Einigung über den Pakt mit der FPÖ vor Hunderten in- und ausländischen Journalisten voller Entrüstung darüber beschwert, dass Österreich vor der Entscheidung der 14 anderen Unionsländer über den möglichen Abbruch der bilateralen Kontakte nicht gehört worden sei.

Aus Berlin ist allerdings anderes zu vernehmen. "Seit Mittwoch vergangener Woche ist Schüssel in mehreren Telefonanrufen von anderen EU-Regierungsvertretern vor einem Bündnis mit der FPÖ gewarnt worden", heißt es in deutschen Regierungskreisen. Auch konservative Politiker wie der französische Präsident Jacques Chirac und der spanische Regierungschef José Maria Aznar haben Schüssel danach zur Abkehr von der schwarzblauen Option überzeugen wollen. "Das ist abgetropft", sagte ein hoher Regierungsvertreter in Berlin dem Tagesspiegel.

Dabei ist die Bundesregierung in Berlin deutlich um Entspannung bemüht. "Wir wollen das nicht eskalieren lassen", meint der Regierungsvertreter. Gegenüber früheren Reaktionen auf die Regierungsbeteiligung der äußersten Rechten beispielsweise in Italien stehe jetzt die Wertegemeinschaft in der Europäischen Union im Vordergrund: "Wir können den EU-Beitrittskandidaten nicht einen eindeutigen Standpunkt bei der Einhaltung der Grundrechte abverlangen, wenn wir in den eigenen Reihen nicht Klartext reden."

Die deutschen Bemühungen, die Beziehungen zum Nachbarland nicht völlig aus dem Ruder laufen zu lassen, stoßen jedoch nicht immer auf Gegenliebe. So holte der konservative steirische Landesminister Gerhard Hirschmann im Interview mit der "Presse" den ganz großen Hammer gegen die mißtrauisch beäugten "Piefke" heraus. "Befehle aus Berlin haben wir schon mal bekommen. Das wollen wir nicht noch einmal erleben", meinte der Grazer ÖVP-Politiker in Anspielung auf die Zeit nach dem "Anschluss" Österreichs an Nazi-Deutschland, der von Hunderttausenden Österreichern bejubelt worden war.

Ulrich Glauber

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