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Politik: Die Wahl im Blick

Monti tritt zurück und bereitet die Rückkehr vor.

Rom - „Diese Regierung ist am Ende, aber nicht wegen irgendeiner Prophezeiung der Maya.“ Mehr sagte Mario Monti am Vormittag des vorhergesagten Weltuntergangs nicht. Mehr brauchte er auch nicht zu sagen, die Spitze gegen Silvio Berlusconi war offensichtlich genug. An diesem lag es, dass die im November 2011 eingesetzte „Experten-Regierung“ etwa zehn Wochen vor der Zeit gehen musste. Berlusconi wollte den Wahlkampf, deswegen hatte er seine Parlamentsfraktionen Anfang Dezember angewiesen, keiner Maßnahme dieser Regierung mehr zuzustimmen und die Hand nur noch fürs Haushaltsgesetz 2013 zu erheben.

Monti wiederum, der als „lahme Ente“ nicht weitermachen und aggressiven Wahlkämpfern auch nicht als Punching-Ball dienen wollte, kündigte umgehend seinen Rücktritt an. Die Verabschiedung der Schuldenbremse in der Verfassung und des Haushaltgesetzes für 2013 am Freitag wartete er noch ab, damit national wie international Klarheit über Italiens Finanzregime geschaffen war. Danach hatte Monti noch eine Kabinettssitzung anberaumt, um die letzten Dekrete zu verabschieden, und am Abend „stieg er auf den Hügel“, wie man in Rom sagt, um im Palast des Staatspräsidenten sein Amt formell abzugeben.

Montis Reformen, das empfinden viele in Italien so, sind Stückwerk geblieben. Der Haushaltsrahmen 2013, genannt „Stabilitätsgesetz“, hat in der von den Parlamentsparteien zurechtgerupften und verabschiedeten Form mit Montis Entwurf nicht mehr viel zu tun: Statt großer Linien sind nur mehr die Einzelfinanzierungen tausender Mini-Ideen zu sehen. Und weil er Angst hat, sein noch unvollendetes Werk könnte nach der Parlamentswahl von den Parteien gleich wieder zerlegt werden, will Mario Monti offenbar als Regierungschef weitermachen. Am Sonntag will er seine Arbeit bilanzieren und öffentlich erklären, in welcher Form er bei der Parlamentswahl am 24. Februar antritt.

Seinen persönlichen Wahlkampf hat er nach Einschätzung vieler Beobachter bereits am Donnerstag eröffnet: Monti ließ sich an der Seite des Fiat-Chefs Sergio Marchionne im süditalienischen Autowerk Melfi sehen. Die Arbeiter empfingen ihn mit starkem Applaus, und Monti sagte zur fortdauernden Reformbedürftigkeit Italiens einige Sätze, die an Winston Churchills „Blut, Schweiß und Tränen“ erinnerten: „Unverantwortlich“ wäre es, mahnte Monti die Parteien, „die im vergangenen Jahr von der Bevölkerung gebrachten Opfer hinwegzufegen“. Und dann: „Jetzt beginnt eine Operation, die nichts für Leute mit schwachem Herzen ist. Wir wissen aber, dass das Herz Italiens gestärkt daraus hervorgehen wird.“

Bisher ließ sich der 69-Jährige kein Wort darüber entlocken, wie er sich sein Comeback vorstellt. Die Miniparteien des Zentrums – Christdemokraten, abgespaltene Parteigänger Berlusconis – machen sich Hoffnung, ihn als Zugpferd im Wahlkampf nutzen zu dürfen. Ferrari-Chef Luca Cordero di Montezemolo, der selber kein politisches Amt anstrebt, baut eigens für Monti eine „bürgerliche“, von Altpolitikern freie Wahlplattform. Als wahrscheinlichste Hypothese galt zuletzt, Monti könnte am Sonntag ein Regierungsprogramm vorlegen und alle diejenigen – womöglich auf einer eigenen Liste – zum Mitmachen einladen, die diese Vorschläge teilen. Mit Berlusconi will sich Monti jedoch auf keinen Fall einlassen, auch wenn dieser ihm zwischendurch „an meiner Statt die Führung der Gemäßigten“ angetragen hatte. Berlusconi maulte am Freitag Morgen im Radio, Monti habe ihn „nicht eines einzigen Telefonats gewürdigt“. Und damit, so Berlusconi, sehe er sich „gezwungen“, selber anzutreten. Paul Kreiner

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