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Politik: Die Wahrheit von Düsseldorf

OB Erwin bemüht weiter die Justiz, um Einblicke in seine umstrittene Steuerangelegenheit zu verhindern

Von Matthias Schlegel

Düsseldorf - Den Wahlkampf hat Düsseldorfs Oberbürgermeister Joachim Erwin erfolgreich hinter sich gebracht. In der NRW-Hauptstadt gewann er mit seiner CDU am vergangenen Sonntag trotz Verlusten erneut die absolute Mehrheit. Um die absolute Wahrheit kämpft das Stadtoberhaupt indes weiter – freilich nach seinem ganz eigenen Verständnis. Seit Monaten setzt sich der OB juristisch mit denen auseinander, die Licht in das Dunkel seiner dubiosen privaten Steuerangelegenheiten bringen wollen. Jetzt hat er zu diesem Zweck erneut die Justiz bemüht.

Nachdem im Dezember vergangenen Jahres der Düsseldorfer Tagesspiegel-Korrespondent Jürgen Zurheide über ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren gegen Erwin und seine Ehefrau wegen Steuerhinterziehung und weiterer steuerstrafrechtlicher Delikte berichtet hatte, stellte der OB Strafanzeige – zunächst gegen Unbekannt, später gegen Zurheide. Erwin sah Dienstgeheimnisse verletzt und Privatgeheimnisse unbefugt offenbart. Die von Erwin beauftragte Essener Anwaltskanzlei Holthoff-Pförtner forderte in diesem Zusammenhang die Ermittler sogar auf, die Diensttelefone und privaten Handys der Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft zu überprüfen sowie die Privat- und Geschäftsräume des Journalisten Zurheide zu durchsuchen. Dieses Ansinnen wurde abgewehrt. Die Ermittlungen gegen Zurheide wurden im August dieses Jahres eingestellt, nicht zuletzt unter Hinweis auf den presserechtlich verbürgten Informantenschutz.

Erwin wollte das nicht hinnehmen. Er legte nun Beschwerde gegen die Verfahrenseinstellung beim Düsseldorfer Generalstaatsanwalt ein. Ohnehin war der OB zwischenzeitlich nicht von seiner Deutung der Wahrheit abgerückt: In einem WDR-Interview hatte er verlauten lassen, dass „die Straftat unbestritten“ sei. Diese Äußerung untersagte ihm das Landgericht Hamburg unterdessen auf Antrag von Zurheides Bonner Anwaltskanzlei.

Zwar hatte die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft auf die Eröffnung eines Steuerstrafverfahrens gegen den OB verzichtet – wegen mangelnden Vorsatzes. Doch der Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft offenbarte zum einen, dass die Steuerschuld der Erwins viel größer war als bislang bekannt. Es ging nämlich um mehr als 5,5 Millionen Mark steuerlich nicht deklarierter Einnahmen innerhalb von drei Jahren. Zum anderen wurden zahlreiche pikante Details über das Finanzgebaren der Erwins bekannt – und von „Spiegel“ und Tagesspiegel veröffentlicht. Daraufhin erstattete der OB nun erneut Strafanzeige: gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Verletzung von Dienstgeheimnissen.

Es liegt auf der Hand, dass dies auch eine Drohgebärde gegen kritische Journalisten ist. Und es lässt vermuten, dass das Ringen um die absolute Wahrheit in Düsseldorf nicht zu Ende ist. Tagesspiegel-Korrespondent Zurheide hatte in diesem Gefecht in der Vergangenheit nicht nur mit fragwürdigen Attacken der Gegenseite, sondern auch mit Merkwürdigkeiten bei den Justizbehörden zu kämpfen. So beklagte er sich brieflich bei NRW-Justizminister Wolfgang Gerhards darüber, dass die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach Telefondaten aus Ministerien erhoben hatte, um Gespräche zwischen Ministeriumssprechern und Journalisten zu kontrollieren. Auch wunderte sich Zurheide darüber, dass eine Anfrage eines Journalisten bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf über den Fall Erwin umgehend auf dem Tisch der gegen Zurheide ermittelnden Staatsanwaltschaft Mönchengladbach gelandet war. Die Antwort auf letzteren Vorwurf war lapidar: Das sei ein Versehen gewesen.

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