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Politik: …die Wanne zur Würstchenbude wird

Es wird seltsam aussehen, wenn die Berliner Polizei demnächst zum Großeinsatz in ihren neuen Fahrzeugen anrückt und die Beamten sich aus den bequemen Quersitzen herausschälen wie Rentner, die soeben im klimatisierten Bus die Kurpromenade von Bad Salzuflen erreicht haben. Eine Zeitenwende, könnte man sagen, die definitive Abkehr von der alten, in zahllosen Straßenschlachten gegerbten Wanne, aus der sie hinten ohne großes Türenschieben zackbumm herausfallen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs anwenden konnten, militärisch, irgendwie.

Es wird seltsam aussehen, wenn die Berliner Polizei demnächst zum Großeinsatz in ihren neuen Fahrzeugen anrückt und die Beamten sich aus den bequemen Quersitzen herausschälen wie Rentner, die soeben im klimatisierten Bus die Kurpromenade von Bad Salzuflen erreicht haben. Eine Zeitenwende, könnte man sagen, die definitive Abkehr von der alten, in zahllosen Straßenschlachten gegerbten Wanne, aus der sie hinten ohne großes Türenschieben zackbumm herausfallen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs anwenden konnten, militärisch, irgendwie. Gestern wurden die ersten Mannschaftswagen der Typenreihe L 408 bis 611 D versteigert, bald werden wir ihnen als Wohnmobile, Würstchenbuden, Gartenlauben begegnen, neue gibt es nicht mehr.

Wie konnten uns diese Dinger so ans Herz wachsen? Es waren doch auch nur Autos, eckig wie der Mailänder Dom und durstig wie ein Haufen Hooligans, außen hart und innen ganz weich wie ihre Insassen. Vielleicht empfanden wir Mitleid, gerührt durch die spotthaltigen Liebkosungen des Cartoonisten Gerhard Seyfried, der sie immer ein wenig asthmatisch durch seine Straßenschluchten töffeln ließ, viel zu träge für den Kreuzberger Stadtindianer und seine kiffenden Kumpane. Sie schienen zu leiden unter der ständigen Auf und Nachrüstung mit Gittern und Gattern und dickerem Blech, wurden zu flügellahmen Staatsenten, jede einzelne bedeckt von Beulen, Schrammen und Rostnarben.

Andererseits: Das machte was her. Als die Berliner Sicherheitskräfte damals wannenweise in Gorleben eintrafen, da waren sie schon durch ihre Fahrzeuge als Veteranen kenntlich, gestählt in unzähligen Gewittern von Kleinpflastersteinen, wie sie die Kollegen aus Waldbronn-Reichenbach nie erleben würden. Dem Blech war es egal, ob draußen gerade eskaliert oder deeskaliert wurde, und die Menschen drinnen fühlten sich geschützt. Hatten nicht die Beamten noch auf Lastwagen mit Plane und Pritsche anrollen müssen, damals, 68, als es aufs Springer-Haus ging?

Vielleicht sind die neuen, bundeseinheitlichen „Halbgruppenfahrzeuge“ wenigstens ein weiterer Schritt in Richtung Zivilgesellschaft. „Nach Ihnen!“ wird der Polizeiobermeister zur Polizeiobermeisterin sagen, bevor er ihr galant die Schiebetür öffnet und den Halbgruppenschlagstock reicht; draußen blicken die Demonstranten staunend aufs frische Blech. Hey, werden sie sagen, die Bullen sind echt süß heute! Dann setzt man sich zusammen und quatscht ein wenig über die heißen Jahre, damals, 1989, am Oranienplatz. bm

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