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Politik: Die Welt kämpft

Gewalt und militärische Konflikte sind in vielen Ländern erschütternder Alltag – über Nahost und die neue Eskalation hinaus

Von Matthias Meisner

Berlin - Die Welt kommt nicht zur Ruhe. Und das nicht nur im Nahen Osten, wo am Freitag eine neue Eskalationsstufe des Krieges drohte: Nach tagelangen Luftangriffen rüstet Israel für eine Bodenoffensive im Südlibanon. Auch anderswo wird erbittert gekämpft wie lange nicht, so in Afghanistan, im Irak, in Somalia oder im Kongo. Frieden rückt in die Ferne – für immer mehr Menschen.

NAHOST: Die internationalen Appelle an die Konfliktparteien zur Mäßigung fruchten nicht. Hunderttausende Bewohner im Südlibanon wurden am Freitag über den Militärrundfunk zur sofortigen Flucht aufgerufen. Israel will „in Wort und Tat“ gegen die Hisbollah-Miliz und Raketenangriffe vorgehen – so kündigt sich eine Bodenoffensive an. Auch die Hisbollah feuerte wieder Raketen auf die israelische Küstenstadt Haifa. 500 000 Libanesen sind inzwischen im eigenen Land auf der Flucht. Nach Angaben internationaler Helfer steigt die Zahl der Vertriebenen täglich, viele von ihnen sind in Bergregionen des Landes ohne jede humanitäre Hilfe. Zehntausende Ausländer versuchen, den Libanon zu verlassen. Nur eine Zwischenbilanz: 320 Libanesen und 35 Israelis fielen seit dem 12. Juli der Gewalt zum Opfer.

AFGHANISTAN: Über den gegenwärtigen Konflikt im Nahen Osten dürfe Afghanistan nicht vergessen werden, mahnte Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer, als er diese Woche Kabul besuchte. Für die internationalen Truppen in Afghanistan wird es ernst: Die islamistischen Taliban haben in den vergangenen Wochen ihre Übergriffe auf Einrichtungen der Regierung und ausländische Soldaten noch einmal verstärkt, und das, bevor Ende Juli im Süden Afghanistans eine Nato-Truppe mit britischen, niederländischen und kanadischen Soldaten die US-geführten Einheiten ablösen soll. Die Öffentlichkeit muss sich auf weitere tote ausländische Soldaten einstellen – 65 hat es seit Jahresbeginn schon gegeben. Dass sich der Drogenhandel nicht hat eindämmen lassen, verschärft die Lage – denn die Gewalt hat auch mit ihm zu tun.

IRAK: In der kommenden Woche will erstmals die irakische Versöhnungskommission tagen, um die verschiedenen religiösen und politischen Gruppen im Irak zu einen. Doch ob Ministerpräsident Nuri al Maliki seinen 24 Punkte umfassenden Plan zur nationalen Versöhnung bald umsetzen kann, ist äußerst zweifelhaft. Im Gegenteil: Die Gewalt zwischen Schiiten und Sunniten bedroht die nationale Einheitsregierung, es herrscht die Angst vor einem offenen Bürgerkrieg. Autobombenanschläge und Überfälle mit Dutzenden Toten sind zum traurigen Alltag geworden – angesichts der eskalierenden Gewalt wurde das an Freitagen in Bagdad geltende Fahrverbot ausgeweitet. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2006 wurden 9558 Leichen gezählt. Das waren mehr als im Kriegsjahr 2003.

KONGO: Gigantische Mengen an Bodenschätzen, fast so groß wie Westeuropa – und doch wegen Korruption, Plünderwirtschaft und Bürgerkriegen eines der ärmsten Länder der Erde: die Demokratische Republik Kongo, das frühere Zaire. Seit Jahren erfolglos versuchen eine UN-Friedensmission und einheimische Soldaten, die von Kämpfen vieler Gruppen und Grüppchen zerrüttete Region im Osten des Landes zu befrieden. Am 30. Juli soll im Kongo gewählt werden, die Gewalt aber dürfte anhalten. Hutu-Kämpfer, abtrünnige Militärs und Ex-Rebellen liefern sich immer wieder neue Schlachten. Gut für die Bundeswehrsoldaten, die die Wahlen schützen sollen: Sie halten sich tausende Kilometer entfernt vom gefährlichsten Teil des Landes auf.

SOMALIA: Faktisch existiert Somalia seit dem Sturz des Diktators Sidas Barre 1991 nicht mehr, beherrscht wird das Land von kriegerischen Clanchefs. Jetzt eskaliert die Lage: Äthiopische Soldaten sind in Somalia einmarschiert, wollen die Übergangsregierung vor islamischen Milizen schützen. Die Islamisten reagierten prompt – und riefen zum „Heiligen Krieg“ gegen die Äthiopier auf.

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