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Politik: „Die Wertedebatte kommt zu kurz“

Reaktionen auf Schönbohm / Künast: Alles wird Wirtschaft und Kapital untergeordnet

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Berlin - Mit seinen umstrittenen Thesen hat der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) eine Wertediskussion ausgelöst. Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) sagte dem Tagesspiegel: „Ich habe die Sorge, dass insbesondere CDU und FDP heute alles der Wirtschaft und dem Kapital unterordnen.“ Ihr sei „es sehr wichtig, dass die Werte des Zusammenlebens in dieser Gesellschaft nicht verloren gehen, damit unsere Kinder eine Zukunft haben.“ Sie findet, Familie, Solidarität und gute Nachbarschaft spielten auch im 21. Jahrhundert eine wichtige Rolle. Dazu gehörten auch Kinderbetreuung, Kompetenzvermittlung in den Schulen und Kindergärten, aber auch „so gute Traditionen, wie gemeinsame Mahlzeiten und deren gemeinsame Zubereitung“, sagte sie. „ Darauf habe ich in den vergangenen Jahren immer wieder hingewiesen.“

Über Werte werde viel zu selten diskutiert, findet auch der SPD-Bildungspolitiker Klaus Barthel. „Wir brauchen eine Wertedebatte, aber eine andere als die, die Jörg Schönbohm jetzt angezettelt hat“, sagte er dem Tagesspiegel. Barthel fordert jedoch, sich erst eimal darüber zu einigen, welche Werte denn überhaupt vermittelt werden sollten. Für ihn sei das der „Grundwertekanon des Grundgesetzes“. Barthel beklagte, dass „das Zusammenleben nur noch von den Gewinninteressen im internationalen Standortwettbewerb“ geprägt werde. Auch die Ökonomie müsse sich in einem gemeinsamen Wertegefüge unterordnen, verlangt er. Und außerdem findet er: „Erziehung ist keine Privatsache.“

Auch der frühere sächsische Innenminister und CDU-Vize Heinz Eggert plädiert für eine Wertedebatte in Ost und West. „Wir müssen klären, was unsere Gesellschaft im Innersten zusammenhält. Ob nicht der Abbau von Werten in der Gesellschaft – die sich oft beliebig gibt in ihrem moralischen Tun – ein Einfallstor für einfach strukturierte Menschen ist, sich auch am Leben zu vergehen“, sagte Eggert den „Stuttgarter Nachrichten“. Dass die Wertedebatte nicht nur im Wahlkampf, sondern insgesamt zu kurz komme, kritisiert der Präsident der Volkssolidarität, Gunnar Winkler. „Wir haben nun einmal zwei unterschiedliche Teilgesellschaften. Diese Tatsache müsste sich an sachlichen Themen der Parteien festmachen“, sagte Winkler. So sollten sich die Parteien nicht nur zu den materiellen Seiten des Lebens äußern, „sondern auch zum Wert Arbeit, zum Wert Wohnen oder zum Wert Familienleben“. Die Unterschiede zwischen Ost und West zeigten sich nun einmal an verschiedenartigen Haltungen zu Themen wie Arbeit oder Weltanschauung. Das müsse man akzeptieren und berücksichtigen – sich nicht nur gegenseitig Denk- und Verhaltensweisen aus der Vergangenheit aufrechnen.

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