zum Hauptinhalt

Politik: Die Zukunft muss warten

DER NEUE HAUSHALT

Von Antje Sirleschtov

Ein Staatshaushalt ist ein Bekenntnis für die Zukunft. Mehr noch, er ist das in Zahlen gefasste Versprechen einer Regierung. Dass die Unternehmen morgen gute Geschäfte machen können und die Bürger Arbeit haben, damit alle Steuern zahlen. Und dass die Regierung das Geld an den richtigen Stellen ausgibt. Darauf wollen wir vertrauen dürfen.

Der Haushalt, den der Bundestag heute beschließt, hat von alledem wenig. Er bietet keinen Ausblick auf morgen und weckt kein Vertrauen, dass er übermorgen noch Bestand hat. Die zu Grunde gelegten Steuereinnahmen sind unrealistisch. Das gilt auch für die Sparpläne des Staats. So ist das nun einmal, könnte man denken, in einer wirtschaftlich flauen Zeit, unvermeidbar. Zumal am Vorabend eines Krieges, der schon lange für Verunsicherung sorgt. Da darf man die Hoffnung nicht verlieren, muss die Ansprüche etwas reduzieren, vielleicht einen Kredit aufnehmen und ansonsten Kraft schöpfen für den nächsten Aufschwung.

Doch das wird diesmal nicht reichen. Die Flaute der Weltwirtschaft und die Krise im Irak tragen noch die geringste Schuld am deutschen Steuerloch. Und die Ausgaben für den Arbeitsmarkt werden kaum kalkulierbarer, nur weil das Arbeitslosengeld gekürzt wird. Ja nicht einmal neue Schulden sind drin. In die flüchten sich deutsche Regierungen schon so lange, dass ihnen Europa inzwischen das Regieren auf Pump verboten hat. Die Partner glauben nicht mehr ohne weiteres, dass wir eine verlässliche Ordnung in die Staats und Sozialetats bringen.

Woher also soll die Kraft für morgen kommen? Bald wird sich eine informelle große Koalition dafür entscheiden, „Steuerschlupflöcher“ zu schließen und den Betrieben und Selbstständigen neue Abgaben abzuverlangen. Ob es nach der Kanzlerrede wirklich zu einer Senkung der Ausgaben und der Lohnkosten kommen wird, steht in den Sternen. Der Finanzminister überlistet die Euro-Wächter in Brüssel: Unter dem Vorwand IrakKrieg will er neue Schulden genehmigen. Mit einer Mischung aus Furcht und Resignation stellt sich das Publikum nur noch die bange Frage: Wählt man wieder den einfachsten Ausweg – Steuererhöhungen, diesmal bei der Mehrwertsteuer?

Eine Erhöhung dieser indirekten Steuer auf den Konsum wäre nicht gleich Teufelszeug. Viele behaupten, sie träfe vor allem sozial Schwächere, aber das ist nicht zwingend. Die Verteilung der gesellschaftlichen Aufgaben auf die Schultern aller Konsumenten wäre sinnvoll – wenn dafür die direkten Steuern auf Einkommen und Gewinne gesenkt und die Lohnnebenkosten verringert werden. Dann bliebe der Wirtschaft mehr Geld zum Investieren. Und es wäre gerechter, wenn alle über die Staatskasse die versicherungsfremden Leistungen der Sozialversicherungen mittragen – und nicht in erster Linie die Beitragszahler. So, wie die Renten schon jetzt aus dem Bundeshaushalt mitfinanziert werden, könnten auch die Arbeitsämter von solchen Allgemeinkosten entlastet werden.

Warum fürchten wir uns vor dieser großen Strukturreform? Weil die Regierung schon bei der Steuerreform Entlastung versprochen hatte. Die sie jetzt Stück für Stück wieder einkassiert. Weil die Ökosteuer eingeführt wurde, um die Rentenbeiträge unter 18 Prozent zu senken, wir aber heute beides zahlen müssen: Ökosteuer und Rentenbeiträge nahe 20 Prozent. Weil die Regierung Sparen versprach und die Staatsquote dennoch so hoch ist wie vor zehn Jahren.

Kurzum, die Bürger fürchten, dass eine Umschichtung weg von direkten Steuern und Lohnnebenkosten hin zur Mehrwertsteuer nur als neue Ausrede für höhere Steuern dient. Dass der Mut zur Reform erlahmt und wir am Ende doppelt verlieren: Geld und Vertrauen.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false