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Thüringens Ex-Ministerpräsident Dieter Althaus verabschiedet sich aus der Politik.

© dpa

Dieter Althaus: Abschied mit Schlachtwurst

Thüringens Ex-Regierungschef Dieter Althaus verlässt heute endgültig die Politik – nach seinem Skiunfall war er nicht mehr der Alte.

Das Geschenk seiner CDU-Fraktion ist ein Sinnbild, dass Dieter Althaus nun wirklich Privatmann wird. Viele kleine Fotos eines Politikerlebens ergeben ein Mosaikbild, das ihn auf einem Motorrad zeigt. Seine Freizeit verbrachte er schon immer gern aktiv: mit Bergsteigen, Tauchen, Skifahren. Der frühere Regierungschef verabschiedet sich heute endgültig aus der Politik. Er gibt sein Mandat als Landtagsabgeordneter auf und widmet sich künftig einem Job als Autolobbyist. Zwanzig Jahre hat Althaus, der zu DDR-Zeiten Lehrer und Vizeschuldirektor war, die Landespolitik mitbestimmt. 1992 wurde er Kultusminister, später Fraktionschef, 2003 Ministerpräsident.

„Seine politische Bilanz fällt gar nicht so schlecht aus“, sagt der Jenaer Politikwissenschaftler Torsten Oppelland. Er gibt ihm in der Bildungs- und Finanzpolitik gute Noten. „Durchwachsen“ seien seine Erfolge bei der Landesentwicklung. Zeitweise sei er sogar eine Art Stimme des Ostens gewesen. Aber sein Image habe sich „im Laufe der Jahre eher verschlechtert“.

Nach dem Unfall auf einer österreichischen Skipiste am Neujahrstag 2009, bei dem eine Frau ums Leben kam, stand Althaus bundesweit im Fokus. Die schnelle Genesung von einem Schädelhirntrauma wurde staunend verfolgt; seine Blitzverurteilung in Österreich wegen fahrlässiger Tötung heftig diskutiert. Eine Einigung mit den Hinterbliebenen über Schadenersatz steht bis heute aus.

Im Wahlkampf wirkte er angeschlagen, gereizt, in sich gekehrt

Trotz des Unfalls machte ihn die Thüringer CDU wieder zu ihrem Spitzenkandidaten für die Landtagswahl. Aber er war nicht mehr der Alte. Im Wahlkampf wirkte er angeschlagen, gereizt, in sich gekehrt. Seine Partei stürzte von 43 auf 31 Prozent ab. Althaus trat frustriert zurück – und kündigte ein paar Tage später seine Rückkehr in die Staatskanzlei an. Erst eine Intervention der beiden CDU-Politikerinnen Birgit Diezel und Christine Lieberknecht, die heute Ministerpräsidentin ist, klärte die Machtfrage. Die CDU rettete sich in eine Koalition mit der SPD. Von alledem „hängt nichts nach“, sagt Althaus heute. Er macht einen entspannten Eindruck. Am Mittwoch gab er in der CDU- Fraktion einen Ausstand mit Schlachtwurst aus dem Eichsfeld, seiner katholischen Heimat. Es heißt, er habe sich für frühere Fehler entschuldigt. Nachfolgerin Lieberknecht habe ihn über die Maßen gelobt.

Trotzdem dürften beide froh sein, dass sie nun getrennte Wege gehen. Ohnehin fremdelt der Ex-Ministerpräsident inzwischen mit der Landespolitik. Seine Regierung nahm drei Jahre lang keine neuen Kredite auf – unter Schwarz-Rot schnellt die Neuverschuldung auf mehr als 800 Millionen Euro. Er hielt am gegliederten Schulsystem fest – nun wird auf Druck der SPD zusätzlich eine Gemeinschaftsschule eingeführt. Mit fast 100 Millionen Euro soll das Personal in den Kindergärten aufgestockt werden. Althaus stärkte dagegen die Kinderbetreuung zu Hause.

Ärger gibt es, weil Althaus mit 51 Jahren angeblich ein Ruhegehalt von monatlich 8500 Euro vom Freistaat kassiert. „Thüringer Minister sind sowohl bei der Höhe ihrer Ruhestandsbezüge als auch bei der Bezugsdauer bundesweit an der Spitze“, empört sich Grünen-Landeschef Dieter Lauinger. Oppositionsführer Bodo Ramelow (Linke) hat „ein bisschen Verachtung“ dafür übrig, dass Althaus doppelt verdient: die vorgezogene Ministerrente und sein Gehalt als Vizepräsident beim Autozulieferer Magna. Den übrigens unterstützte er schon als Regierungschef. Der österreichisch-kanadische Konzern wollte 2009 Opel kaufen.

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