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Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sieht sich mit seinem ersten großen Problem bei einem Rüstungsprojekt konfrontiert.

© picture alliance/ photothek/Thomas Imo

Digitale Funkgeräte nicht einbaubar: Pistorius soll Milliarden-Desaster bei Rüstungsprojekt drohen

34.000 Fahrzeuge will die Bundeswehr mit digitalen Funkgeräten nachrüsten. Einem Medienbericht zufolge gibt es aber Probleme. Es geht auch um eine Zusage an die Nato.

Verteidigungsminister Boris Pistorius versucht durch verschiedene Maßnahmen, die Ausrüstung der Bundeswehr zu verbessern und dem technischen Standard anderer Nato-Staaten anzupassen. Der SPD-Politiker erfährt nun einen ersten herben Rückschlag bei einem Rüstungsprojekt, wie die „Welt“ berichtet.

Im Rahmen des Rüstungsprojekts „Digitalisierung Landbasierter Operationen“ (D-LBO) will die Bundeswehr 34.000 Fahrzeuge vom Panzer bis zum Geländewagen mit digitalen Funkgeräten ausstatten. Der Hersteller Rohde & Schwarz liefert dem Bericht zufolge die Geräte seit Januar an die Truppe. Diese können demnach aber nicht eingebaut werden und müssen deshalb in Depots gelagert werden.

Wie es in dem Bericht weiter heißt, habe sich in den für das Projekt zuständigen Abteilungen des Verteidigungsministeriums und des nachgeordneten Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung offenbar niemand rechtzeitig um die Frage der Montage gekümmert.

Wir geben hier Milliarden für Funkgeräte aus, die voraussichtlich im Regal verstauben und bei der Truppe wahrscheinlich lange nicht zum Einsatz kommen.

Andreas Schwarz, SPD-Haushaltspolitiker

Es gehe um Adapterplatten, zu geringe Batteriekapazitäten, zu kleine Lichtmaschinen. Betroffen seien mehr als 100 unterschiedliche Fahrzeugtypen.

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Der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz sagte dem Blatt: „Ich sehe meine Bedenken bestätigt.“ Es sei ihm unverständlich, wieso der Auftrag ausgelöst worden sei, obwohl „die Frage der Integration und der multinationalen Einsatzfähigkeit immer noch nicht geklärt ist“.

Schwarz prognostiziert: „Das wird auch noch Jahre dauern. Wir geben hier Milliarden für Funkgeräte aus, die voraussichtlich im Regal verstauben und bei der Truppe wahrscheinlich lange nicht zum Einsatz kommen.“

„Der erforderliche Aufwand für die Muster- und Serienintegrationen in die Fahrzeuge ist erheblich und kann nur im Zusammenwirken mit der wehrtechnischen Industrie erfolgen“, zitiert die Zeitung einen Sprecher des Verteidigungsministeriums. Die Abstimmungen dazu liefen, einen konkreten Zeitplan mochte der Sprecher nicht benennen.

Im sogenannten Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr ist eine zweistellige Milliardensumme für die digitale Vernetzung mit mehreren Projekten eingeplant, darunter die 34.000 sogenannten Führungsfunkgeräte. Im Dezember 2022 bewilligte der Haushaltsausschuss des Bundestags zunächst 1,3 Milliarden Euro für den Führungsfunk, dazu die Option auf weitere 1,5 Milliarden Euro.

Am Ende könnte das Beschaffungsvorhaben Führungsfunk ein Volumen von fast fünf Milliarden Euro haben, so das Blatt weiter.

Ampelkoalition steht bei Nato im Wort

Die Regierung hat der Nato zugesagt, dass die Bundeswehr ab 2025 eine voll ausgerüstete Division mit drei Brigaden und 15.000 Soldaten bereitstellt. Die vorbereitenden Übungen und Zertifizierungen stehen bereits 2024 an. Dafür müssten rund 10.000 Fahrzeuge mit einer digitalen Anfangsbefähigung („D-LBO basic“) zur Verfügung stehen, so die Zeitung.

Ohne diese Ausstattung wäre die Division mit veralteter, analoger Kommunikationstechnik nicht führungsfähig und könnte mit Partnernationen nicht sicher kommunizieren. Die Zusage an die Nato wäre somit nicht einzuhalten.

Schon die Direktvergabe des Auftrags an Rohde & Schwarz war umstritten. Der Vertrag wird vom französischen Konkurrenten Thales juristisch angefochten, das Verfahren ist am Oberlandesgericht Düsseldorf anhängig.

Dass die Führungsfunkgeräte trotz des anhängigen Rechtsstreits ausgeliefert und auch bezahlt werden, liegt an von Pistorius‘ Vorgängerin Christine Lambrecht (SPD) durchgesetzten Änderungen im Vergaberecht, die Verzögerungen in der Zeitenwende verhindern sollten.

Der Auftrag wurde mit der Ausnahmebegründung vergeben, dass es aufgrund einer Gefährdung der nationalen Sicherheit durch den Ukraine-Krieg besonders schnell gehen müsse. (lem)

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