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Wie wird Kreativität im Internet vergolten? Die Frage treibt auch Juristen um.

© dpa

Digitaler Umbruch: Juristen wollen Reformen im Urheberrecht

Dietmar Harhoff, Ökonom am Max-Planck-Institut für Innovation, verlangt beim Urheberrecht im digitalen Zeitalter „Regelungen, die sich fließend an neue Technologien, Verwertungsformen und Innovationsmodelle anpassen lassen“. Doch seine These von der "kreativen Zerstörung" findet beim Juristentag in Hannover nicht zur Zustimmung.

Die Digitalisierung fordert das Urheberrecht heraus. Auf dem Juristentag in Hannover haben die Experten am Mittwoch die Zukunft im Umgang mit geistigen Werken diskutiert. Der von der Fachtagung beauftragte Gutachter Ansgar Ohly von der Universität München gibt eine weitreichende Devise aus: Das Urheberrecht diene nicht nur dem Schutz des Urhebers, sondern es bezwecke auch „einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Urheber, der Verwerter und der Nutzer“. Ohly will dies geregelt wissen. Verbunden wäre damit eine fundamentale Neuorientierung: Der Konsument hätte durch sein Verhalten einen Einfluss darauf, was den Schöpfern noch zuzugestehen wäre.

Für Dietmar Harhoff, Ökonom am Max-Planck-Institut für Innovation und Vorsitzender einer Regierungskommission, holt diese Forderung lediglich nach, was in der Realität längst passiert. Er spricht vom „kreativen Nutzer“, der zum Akteur der Wertschöpfung geworden sei und der in der juristischen Diskussion bisher vernachlässigt werde. Das Urheberrecht solle Wettbewerb und Innovation fördern, den Markteintritt von Anbietern erleichtern.

Historische Studien hätten gezeigt, dass ein relativ niedriger Schutzumfang diesen Zielen zuträglich gewesen sei, ebenso hätten Kreative dann zumindest etwas mehr verdienen können. Der Wissenschaftler beklagt, dass aktuell gültige Schutzfristen „exzessiv lang“ seien, und verlangt „Regelungen, die sich fließend an neue Technologien, Verwertungsformen und Innovationsmodelle anpassen lassen“.

Volkswirtschaftlich sei es außerdem sinnvoll, die Verbreitung von Informationen zu unterstützen. Neue Modelle müssten im Markt getestet, veraltete abgelöst werden. Harhoff spricht von einem Prozess „kreativer Zerstörung“.

Branchenvertreter weist auf den Wert der Autorenpflege hin

Solches Vokabular vermied der Hamburger Rechtsanwalt Arnd Haller, zugleich Leiter der Rechtsabteilung bei Google. In der Sache plädiert der Jurist ebenfalls für eine Neuordnung und kritisiert das Tempo der Politik. Haller fordert mehr Aufmerksamkeit für neuartige „Vermittler wie Provider oder Cloud-Anbieter, die – ohne selbst an der Wertschöpfung beteiligt zu sein – Inhalte verbreiten und für die Schöpfer geistiger Werke eine wichtige Funktion erfüllten. Kreative könnten über sie ihr Angebot vertreiben, ohne sich an klassische Verteiler wie etwa Verlage oder Musikunternehmen binden zu müssen. Diese wichtige Aufgabe würde bisher kaum im Urheberrecht abgebildet.

Zu mehr Umsicht riet dagegen Felix Hey, Leiter eines juristischen Fachverlags und Professor an der Uni Köln. Er hob den Umstand seiner Branche hervor, nur über langwierige Investitionen und Autorenpflege im Markt erfolgreich sein zu können. Das Urheberrecht solle deshalb bleiben, was es ist: eine Form des Eigentums, in der der Rechteinhaber über die Nutzung entscheiden kann – auch in der digitalisierten Welt.

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