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„In Absprache mit Herrn Dr. Ackermann“ – so lud Angela Merkel zum Abendessen. Der Geehrte, hier bei der Pressekonferenz der Deutschen Bank zur Bilanz 2010 im Februar, schwärmte später von einem „wunderschönen Abend“ im achten Stock des Kanzleramts.

© dapd

Dinner im Kanzleramt: Rechnung nach der Sause

Bundeskanzlerin Angela Merkel muss ihr Dinner mit Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann vor Gericht verteidigen – bisher gab es nur wenige Informationen.

Berlin - Wer eine bekam, durfte sich geehrt fühlen. „Am 7. Februar 2008 hat Dr. Josef Ackermann seinen 60. Geburtstag gefeiert“, hieß es in der Einladung. „Aus diesem Anlass“, so wörtlich, lud Angela Merkel „in Absprache mit Herrn Dr. Ackermann“ zum Dinner ins Kanzleramt. Der Vorgang blieb zunächst unbeachtet. Erst im Bundestagswahlkampf 2009 erhitzten sich die Gemüter. Eine Skandalsause für einen Millionenverdiener auf Steuerzahlers Kosten? Oder ein ebenso harmloser wie häufiger „allgemeiner Meinungsaustausch“? So nennt das Kanzleramt die Veranstaltung.

Für den „Foodwatch“-Chef Thilo Bode und die Berliner Rechtsanwältin Katja Pink steht die fragwürdige Party unter dringendem Lobbyismusverdacht. Deshalb wollten sie, gestützt auf das seit 2006 geltende Informationsfreiheitsgesetz, vom Kanzleramt die Unterlagen zu dem Treffen haben. Manches kam, vieles nicht, anderes nur geschwärzt. So zogen die beiden vor das Berliner Verwaltungsgericht, wo ihre Klage, unter anderem auf Einsicht in Merkels Terminkalender, an diesem Donnerstag verhandelt wird.

Ihren Argwohn gründen die Kläger auf das Statement Ackermanns, die Kanzlerin habe „etwas für ihn tun“ wollen. Weil das nach Gegenleistung klingt, wollen sie wissen, „was Herr Ackermann damit gemeint haben könnte, was er getan haben soll und für welche Tätigkeit sich die Bundeskanzlerin durch diese Feier im Bundeskanzleramt bedanken wollte“.

Die bereits herausgegebenen Unterlagen bewiesen, dass „die Macht der Lobbyisten eine so vertrauensvolle Nähe zwischen der Kanzlerin und der Finanzindustrie geschaffen hat, dass die erforderliche Distanz einer unabhängigen Regierung nicht mehr gewahrt erscheint“, kritisiert Bode. Tatsächlich erachtet Merkel die Festlichkeit heute vermutlich als Fehltritt. Wiederholungen gab es nicht. Es war nach Tagesspiegel-Recherchen auch das erste Mal, dass sich ein Kanzler für eine solche Einladung hergab. Ex-Kanzler Gerhard Schröder jedenfalls ließ mitteilen, er habe seine Gäste stets selbst ausgesucht und eingeladen. Sogenannte „Ehrenessen“, bei denen die Auswahl wesentlich der Hauptgast übernimmt, gehören zu den exklusiven Repräsentationspflichten der Bundespräsidenten.

Man wusste zudem, dass die in den USA heraufziehende Finanzkrise auch das Ackermann-Essen unter neue Vorzeichen stellt. Offenbar warnte die Fachebene die Chefin: Hinweise zur „öffentlichen Wahrnehmung“ der Deutschen Bank im Kontext der Krise sind geschwärzt. Auch, weil die Passagen der Vorbereitung einer „politischen Führungsentscheidung“ dienten, wie es hieß.

Gleichwohl planten die Beamten, Merkel eine Hymne auf den Bankenboss halten zu lassen. „Ihr persönlicher Beitrag zur Entwicklung des Finanzstandorts Deutschland ist (…) kaum zu überschätzen.“ „Insbesondere was das Investment- Banking angeht“ habe sich Ackermann verdient gemacht, heißt es in dem Entwurf einer Begrüßungsansprache, der dem Tagesspiegel vorliegt. Der Deutsche-Bank-Geschäftsbericht 2007 sei mit Erleichterung aufgenommen worden. „Gute Nachrichten konnte Ihre Branche in den letzten Wochen besonders gut gebrauchen.“ Welche Worte später gefallen sind, blieb im Kreis der Gäste. Die ursprünglich entworfene Rede sei nicht gehalten worden, teilte die Regierung mit.

Nun müssen Richter entscheiden, was noch herauszugeben ist. Manche Schwärzung scheint übertrieben, etwa die von Namen auf der Gästeliste. Die Bundesregierung hatte jeden Teilnehmer vor der Herausgabe angefragt. Geschwärzt wurde so auch der Name des „FAZ“-Herausgebers Frank Schirrmacher, der in seinem Blatt freimütig gestand: „Ich war dabei“. „Ich hatte auf die Anfrage des Kanzleramts gar nicht reagiert, weil ich sie für absurd hielt, nachdem ich mich ja schon geoutet hatte“, sagt Schirrmacher jetzt.

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