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Dioxin-Skandal: Gift im Futter – 3000 Tonnen im Umlauf

Das Ausmaß des Skandals um mit Dioxin belastete Futtermittel ist weitaus größer als bisher angenommen. Bei einem Hersteller in Niedersachsen gab es eine Razzia.

Von Katrin Schulze

Berlin - Das Ausmaß des Skandals um mit Dioxin belastete Futtermittel ist weitaus größer als bisher angenommen. Inzwischen sind acht Bundesländer betroffen, sagte Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) am Mittwoch. Neben Thüringen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen seien verunreinigte Futtermittel auch zu einem Bauernhof nach Mecklenburg-Vorpommern geliefert worden. Schleswig- Holstein hat ein Schlachtverbot für Schweinemast-Betriebe erlassen.

Zudem geht die Bundesregierung davon aus, dass in den vergangenen Monaten rund 3000 Tonnen mit Dioxin belastetes Industriefett in den Umlauf gelangte – etwa fünfmal mehr als zunächst angenommen. Das Industriefett wiederum wurde an Hersteller von Futter geliefert, die es ihrerseits mit Tiernahrung vermischten. Die Gesamtmenge verseuchter Tiernahrung liegt damit bei bis zu 150 000 Tonnen, vermuten Experten. Wie es konkret zu der Verunreinigung gekommen sei, sei eine Frage für die Staatsanwaltschaft, sagte Aigner. „Ich halte das für einen schwerwiegenden Vorgang.“ Dazu hätte es nicht kommen dürfen.

Razzien gab es im Firmensitz des Futterfett-Lieferanten „Harles und Jentzsch“ im schleswig-holsteinischen Uetersen und bei einem Tochterunternehmen im niedersächsischen Bösel. Der Spedition in Bösel wird vorgeworfen, wegen der Lagerung und Verarbeitung dioxinhaltiger Futtermittelfette gegen das Lebens- und Futtermittel-Gesetz verstoßen zu haben. Die Herstellerfirma „Harles und Jentzsch“ soll technische Mischfettsäuren, die für die Papierherstellung bestimmt waren, für Futtermittel verwendet haben. Aigner und das niedersächsische Agrarministerium bezweifelten die Version des Unternehmers, das mit Dioxin belastete Fett sei nur aus menschlichem Versagen in das Futtermittel gelangt. „Die Darstellung, da hat einer den falschen Hahn aufgedreht, erscheint uns sehr unglaubwürdig“, hieß es im Ministerium in Hannover.

Wie hoch der Schaden für betroffene Bauern ist, kann augenblicklich noch nicht genau abgeschätzt werden. „Wir müssen aber mit einer Größenordnung in Millionenhöhe rechnen“, sagte der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands, Helmut Born, und forderte Entschädigungen: „Wer den Schaden verursacht, muss ihn auch bezahlen. Wir werden gegenüber den Futtermittelbetrieben ganz sicher vorstellig“, sagte er dem Tagesspiegel. Born drängte zudem auf eine Änderung des Lebensmittel- und Futtergesetzes und forderte, Betriebe, die technische Fette herstellen, strikt von Lieferungen in den Futter- und Nahrungsmittelbereich abzukoppeln.

Gesundheitliche Schäden müssen die Verbraucher trotz der neuen Erkenntnisse nicht fürchten. Eine akute Gesundheitsgefahr besteht nicht, erklärte das Bundeslandwirtschaftsministerium am Mittwoch in Berlin. Zudem hätten die Länder umfassende Rückholaktionen von verunreinigten Produkten eingeleitet, sagte Ministerin Aigner. Auch Helmut Born vom Bauernverband gab Entwarnung: „Alle Betriebe, die momentan Ware liefern dürfen, sind für den Verbraucher sicher. Wir gehen davon aus, dass am kommenden Montag von den 1000 Betrieben nur noch zehn bis 20 geschlossen sind.“

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