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Politik: Diplomatenmord: Lässt Athen den Links-Terroristen freie Hand?

Der Mord geschah am hellichten Tag. Und er stürzt Griechenland in Entsetzen über sein unbewältigtes Terrorproblem.

Der Mord geschah am hellichten Tag. Und er stürzt Griechenland in Entsetzen über sein unbewältigtes Terrorproblem. Der britische Verteidigungsattaché in Griechenland, Stephen Saunders, ist am Donnerstagmorgen in Athen ermordet worden. Saunders war auf der Fahrt zu seinem Büro im Stadtzentrum, als sich auf der viel befahrenen Kifissias-Avenue seinem Wagen zwei Männer auf einem Motorrad näherten und vier Schüsse auf den Diplomaten abgaben. Saunders versuchte noch die Fahrertür zu öffnen und den Attentätern zu entkommen, brach aber neben seinem Auto zusammen. Der 53-jährige Diplomat erlag trotz mehrerer Notoperationen drei Stunden später seinen schweren Verletzungen.

Der griechische Ministerpräsident Kostas Simitis verurteilte den Mord und sprach dem britischen Premier Tony Blair telefonisch sein Beileid aus. Die Regierung werde alles tun, um die Täter dieses "barbarischen Akts" zu stellen, versprach Simitis. Er werde "mit allen Mitteln" Störungen der "normalen Entwicklung" des Landes verhindern und die Sicherheit der Bürger gewährleisten. Das Attentat treffe Griechenland in einem Moment, in dem das Land "mit Erfolg auf allen Gebieten" voranschreite. Außenminister Papandreou kündigte an, die Regierung werde "unerbittlich" gegen die verantwortlichen Terroristen vorgehen und nicht zulassen, dass derartige Aktionen das "Bild des Landes" beschädigten. Wie ein Sprecher des Außenministeriums mitteilte, wurde ein Stab zu "Sicherheitsfragen" eingerichtet.

Der Anschlag trägt die Handschrift der Terrorgruppe 17. November. "Wir ermitteln in diese Richtung", bestätigte der Generalsekretär des griechischen Ministeriums für Öffentliche Ordnung, Dimitris Efstathiadis. Die griechische Polizei bestätigte nach Laboruntersuchungen, dass die tödlichen Kugeln aus einer von der Gruppe 17. November bereits bei früheren Attentaten benutzten Pistole des Kalibers .45 abgefeuert wurden.

Der Mordanschlag dürfte neue Debatten um die Sicherheitslage in Griechenland auslösen. Erst vor wenigen Tagen hatte eine vom amerikanischen Kongress in Washington eingesetzte Kommission der griechischen Regierung vorgeworfen, sie zeige bei der Bekämpfung des Terrorismus zu wenig Entschlossenheit und arbeite "nicht voll" mit den USA zusammen. Der Ausschuss empfahl der Regierung in Washington, deswegen Sanktionen gegen Griechenland zu verhängen. US-Außenministerin Madeleine Albright dementierte zwar, dass derlei beabsichtigt sei. Auch der US-Botschafter in Athen, Nicolas Burns, distanzierte sich vorsichtig von dem Bericht.

Einer der Verfasser des Berichts, der frühere CIA-Direktor James Woolsey, erhob in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit der satirischen Wochenzeitung Pontiki schwere Vorwürfe gegen Griechenlands Regierung: Seit 1975 habe es in Griechenland 146 Anschläge gegen amerikanische Interessen gegeben. Die Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus seien "völlig unzureichend", Athen meine es "nicht ernst" mit der Fahndung nach dem 17. November. Woolsey glaubt, dass es in der Regierung "Leute gibt, die bestimmte Mitglieder des 17. November kennen".

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