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Schuldenbremse ist umstritten.

© Getty Images/iStockphoto

Diskussion um Schuldenbremse wird aufgeregter: Lasst sie doch einfach mal wirken

Die Schuldenbremse im Grundgesetz wird in Zweifel gezogen, bevor sie zeigen kann, dass sie funktioniert. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Albert Funk

Seit dem 1. Januar ist sie vollständig wirksam, die Schuldenbremse im Grundgesetz. Sie gilt zwar für den Bund uneingeschränkt schon seit 2016, für die Länder aber erst seit zwei Monaten. Erfahrungen hat man mit ihr eigentlich noch keine gesammelt. Die gute Konjunktur der vergangenen Jahre bescherte Bund und Ländern fortlaufend Überschüsse, und wer im Geld schwimmt, denkt erst einmal nicht daran, sich über eine Neuverschuldung noch mehr zu beschaffen. Dabei ist die 2009 beschlossene Schuldenbremse keineswegs ein Verschuldungsverbot. Der Bund hat sowieso einen dauerhaften, von der Wirtschaftslage völlig unabhängigen Spielraum, der 2020 etwa zwölf Milliarden Euro ausmacht. Der fehlt den Ländern zwar, möglicherweise ein Manko der Konstruktion. Aber die ist so eingerichtet, dass sie auf Abschwünge reagieren soll. Getestet worden ist das bisher nicht, weil es schlicht keinen Bedarf dafür gab.
Umso gespenstischer ist die aktuelle Diskussion um ein Lockern, Aussetzen, gar Abschaffen der Schuldenbremse. Finanzminister Olaf Scholz bringt eine einmalige Ausnahme ins Gespräch, um sein Versprechen, überschuldete Kommunen zu entlasten, finanzieren zu können. Nun soll sein Ministerium auch an einer gründlichen Reform arbeiten, die in Richtung der Vorstellungen der Grünen, Teilen der SPD, der Linkspartei, der Gewerkschaften und auch der Arbeitgeber geht: ein schuldenfinanziertes Investitionsprogramm mit vielen Milliarden Euro soll möglich werden, langfristig orientiert.

Empirie ist nicht so sexy

Doch warum wartet man nicht einfach ab, wie die Schuldenbremse in einer angespannteren Situation tatsächlich wirkt? Dann weiß man immerhin, worüber man redet. Ökonomen führen seit Jahren ihre üblichen Glaubenskriege auch über die Schuldenbremse, am Montag etwa vor dem Haushaltsausschuss des Bundestags. Da wird von allen Seiten oft viel Theorie bemüht, Empirie ist offenkundig nicht ganz so sexy.
Zu der Debatte gehört auch, dass allseits viel mit Befürchtungen gearbeitet wird, so als ob allein massives Geldausgeben wirksam wäre. Der Lockruf des Nullzinses spielt auch eine Rolle. Dabei steht hinter den Milliardenforderungen häufig nur die Absicht, der jeweils eigenen Unterabteilung mal wieder ein bisschen mehr Staatsknete zukommen zu lassen. Genug ist ja nie genug. So beginnt üblicherweise die Verschwendung.
Dass der Staat in eine sich verschlechternde Wirtschaftslage hinein etwas tut und dafür gegebenenfalls auch die Verschuldung erhöht, versteht sich von selbst, ist im Rahmen der Schuldenbremse möglich und wird ja auch gemacht. Der Staat hat die Investitionen zuletzt hochgefahren. Sollte das Corona-Virus die Weltwirtschaft in eine Rezession stürzen, kann noch mehr kommen – die Schuldenbremse verhindert kluge Maßnahmen nicht.

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