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Eine Frau beim Karneval der Kulturen in Berlin

© Hannibal Hanschke / REUTERS

Diversity als Chance für mehr Wettbewerbsfähigkeit: Deutschland muss bunter werden

Integration ist nicht nur Pflicht für eine offene Gesellschaft, sondern auch Chance. Denn die interkulturelle Öffnung erschließt neue Potenziale. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Welche Bedeutung Vielfalt heute hat! Jawohl, im ganzen Land. Der Charta der Vielfalt sei gedankt, dass sie das Thema unablässig hochhält. Denn Deutschland wird noch vielfältiger werden, noch bunter, noch diverser – wir müssen uns dessen nur bewusstwerden und es bewusst annehmen. Immerhin endet die Globalisierung doch nicht; und der demografische Wandel auch nicht.

Annette Widmann-Mauz, die christdemokratische Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration, hat darauf hingewiesen: 20 Millionen Menschen mit einer Einwanderungsgeschichte leben hier, und die Zahl ist um 2,5 Prozent gestiegen. Ein Viertel der Bevölkerung!

Andere Herangehensweisen können sehr produktiv sein

Nehmen wir die Migranten: Integration ist nicht nur Pflicht für eine auf Offenheit gebaute Gesellschaft wie die unsere, sondern auch Chance, weil interkulturelle Öffnung neue Potenziale erschließt. Andere Herangehensweisen können in der modernen Arbeitswelt sehr produktiv sein. Und Produktivität ist Teil der Wettbewerbsfähigkeit.

Apropos: Dass Frauen, aber auch die Gruppe der Älteren in dieser Hinsicht immer noch so sehr um ihre Wahrnehmung kämpfen müssen, ist schon ein erstaunlicher Befund. Denn die Empirie legt Handeln seit Langem nahe. 70 Prozent der Menschen zwischen 55 und 65 sind erwerbstätig, beinahe eine Verdoppelung seit 2000. Und gut 74 Prozent der Frauen zwischen 15 und 65 sind es auch – keine Frage, dass Diversity Management heute zum Unternehmertum dazugehört. Deshalb auch ist die Charta der Vielfalt eines der größten sozialen Unternehmensnetzwerke.

Und wenn auch viele Unternehmen in Deutschland, so um die zwei Drittel, das Thema inzwischen wichtig finden: Da geht noch was. In den 160 börsennotierten Firmen sind beispielsweise Frauen zu 9,3 Prozent in den Vorständen vertreten. Bis zu 40 Prozent würde es, Stand heute, noch 22 Jahre dauern. Auch was soziale und internationale Herkunft angeht, fehlt es an Diversität.

Die Digitalisierung macht Diversity sichtbarer

Was also tun? Darüber reden – wie jetzt auf dem jüngsten Kongress. Begründen, warum es anders werden kann und muss, und von den neuen Bewegungen lernen. Ein bisschen mehr Ungeduld darf sein, mit und in der Politik. Es gibt nationale Aktionspläne, so zur Migration, da wäre einer zu Diversity auch angemessen. Der könnte sich querschnittsmäßig mit allen Politikfeldern befassen, ob Rente oder Löhne oder auch der Mindestlohn. Wie konnte es so lange dauern, zehn Jahre, sich auf eine Grundrente zu verständigen? Eine, die zu 80 Prozent Frauen nutzt? Das geht über die Frauenfrage weit hinaus.

Zumal jetzt auch die „Tools“ da sind, dieses Thema - Diversity - stark zu machen: durch die Digitalisierung. Die Sichtbarkeit erhöht sich exponentiell. Das hat die zuständige Staatsministerin deutlich gemacht. Dorothee Bär von der CSU ist denn auch vor diesem Hintergrund ganz sicher, dass es in der nächsten Legislaturperiode ein richtiggehendes Ressort, ein Bundesministerium fürs Digitale geben wird.

Und wenn sie dann auf Twitter als die Galionsfigur für die Diversity-Community bezeichnet wird? „Feel free“, sagt Bär. Bezeichnend: Immerhin so viel Bedeutung hat Vielfalt heute, dass sich konservative Frauen an die Spitze der Bewegung stellen.

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